Kommunalpolitik und Corona:Einlasskontrolle zum Sitzungssaal

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Die Gemeinde Karlsfeld will Schnelltests für die Teilnahme an den Gemeinderatssitzungen verpflichtend machen, anders als andere Gemeinden aber keine Tests zur Verfügung stellen. (Foto: N.P.JØRGENSEN)

Betriebe sollen Mitarbeiter auf Corona testen, doch der Test ist freiwillig. Die Gemeinde Karlsfeld regelt das für sich rigoroser

Von Christiane Bracht, Karlsfeld/Dachau

Der Karlsfelder Gemeinderat geht auf Nummer sicher: Vor den Sitzungen des Gremiums und der Ausschüsse müssen sich Zuschauer wie Kommunalpolitiker auf Corona testen lassen. Um die Tests muss sich laut Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) jeder "selber kümmern". Wer kein negatives Ergebnis eines PCR- oder Schnelltests vorlegen kann, darf künftig nicht mehr an den Diskussionsrunden teilnehmen, so die Gemeinde. "Es soll die Sicherheit erhöhen", sagt der CSU-Chef Bernd Wanka. Einige seiner Kollegen hätten schon seit Beginn der Pandemie große Sorge, sich mit Covid-19 anzustecken. Zwar sitze man bereits in gebührendem Abstand und mit Maske auf der Nase im Bürgerhaus, doch die Tests seien eine "sinnvolle Ergänzung", so die einhellige Meinung des Gremiums. Das Ergebnis des Tests darf nicht älter als 24 Stunden sein.

"Ich weiß nicht, auf welcher Rechtsgrundlage Karlsfeld das eingeführt hat", sagt der Odelzhausener Rathauschef Markus Trinkl (CSU). "Das würde mich mal interessieren." Wie viele andere Kommunen im Landkreis Dachau bietet auch Odelzhausen Schnelltests für Mitarbeiter des Rathauses an, seit Ende Februar aber auch für die Gemeinderäte vor den Sitzung - jedoch auf freiwilliger Basis. "Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn alle negativ sind", sagt Trinkl. Im Kindergarten sei es immerhin schon einmal geglückt, jemanden frühzeitig zu entdecken, der sich infiziert hatte, aber noch keine Symptome zeigte. "Da war ich sehr froh, dass wir ein oder mehrere Ansteckungen verhindern konnten", sagt Trinkl. Schon deshalb sind Schnelltests für ihn wichtige Bausteine im Kampf gegen die Pandemie. Trotzdem werden die Besucher der Sitzungen anders als in Karlsfeld, nicht einfach abgewiesen. Sie müssen lediglich eine Selbsterklärung unterschreiben, dass sie keine Kontaktpersonen sind.

Im Kreistag werden die Schnelltests vor den Sitzungen seit Anfang März angeboten. "Sie werden sehr gut wahrgenommen", sagt Landratsamtssprecher Wolfgang Reichelt. Etwa 80 Prozent der Teilnehmer ließen sich vom Team des Bayerischen Roten Kreuzes testen, das zu diesem Anlass extra vorbeikommt. Bislang habe es noch kein positives Ergebnis gegeben. Auch die Stadt Dachau bietet diese Möglichkeit. "Es besteht kein Zwang und wird sehr unterschiedlich angenommen", sagt Hauptamtsleiter Josef Hermann.

In Vierkirchen und Markt Indersdorf will man jetzt nachziehen. Auch hier kann man sich vor den nächsten Sitzungen testen lassen. "Wir hatten schon mal einen positiven Fall", berichtet Harald Dirlenbach (SPD). Es war kurz vor Weihnachten, als der Bürgermeister von Vierkirchen sich infiziert hatte. "Gott sei Dank war es ein milder Verlauf", sagt er. In der Sitzung hatte er niemanden angesteckt. Seine Mitarbeiter, die in der Nähe saßen, mussten jedoch in Quarantäne.

Freiwillig sind die Tests übrigens auch in der Privatwirtschaft. "Wir dürfen keine Mitarbeiter dazu verpflichten", sagt Orazio Ragonesi, Vorstandsvorsitzender der Micro Nova in Vierkirchen. "Da würden wir uns strafbar machen." Er ist leicht verärgert, wenn er die Debatten der Politiker hört. Getestet wird in dem Software- und Systemhaus wie in den meisten Betrieben des Landkreises, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) bestätigt, schon länger. Denn ein infizierter Mitarbeiter kann den gesamten Betrieb lahmlegen, zudem kommen hohe Lohnfortzahlungen auf die Arbeitgeber zu. Das Problem sei jedoch, dass die Test-Kits nicht einfach zu bekommen seien, klagt Ragonesi. "Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen. Das ist alles nicht ausgegoren." Positiv getestete Mitarbeiter dürfe man auch nicht zum Arzt schicken, nur nach Hause.

Großunternehmen wie MAN Truck & Bus testen bereits seit Monaten. "Wir haben eine sehr ausgeklügelte Strategie", sagt Sprecher Manuel Hiermeyer. MAN biete den Beschäftigten bis zu zwei Selbsttests pro Woche an. Seit Sommer hat das Unternehmen sogar ein kleines Labor für PCR-Tests. Seit Beginn der Pandemie seien dort etwa 7000 Rachenproben untersucht worden. Natürlich habe es auch positive Fälle gegeben, die man zusammen mit den Kontaktpersonen dem Gesundheitsamt gemeldet habe. Die Firma hat nämlich ein Kontaktpersonenmanagement. Das sei essenziell, um die Produktion aufrecht zu erhalten, erklärt Hiermeyer. Jetzt drängt MAN darauf, beim Impfen zu helfen. Alles sei dafür bereit: Kühlmöglichkeiten, Logistik etc. "Wenn es nach uns ginge, könnte es morgen losgehen mit den Impfungen im Werk", so der leitende Werksarzt Oliver Breitkopf. Der Betriebsratsvorsitzende Saki Stimoniaris appelliert sogar an die Bundesregierung: "Helft uns, Euch zu helfen. Je schneller wir impfen, desto schneller schaffen wir es gemeinsam aus der Pandemie."

© SZ vom 15.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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