Süddeutsche Zeitung

Kommunalpolitik:"Mandat wäre besser vereinbar mit Familie und Beruf"

Venera Sansone (SPD) wirbt für die Möglichkeit zur digitalen Teilnahme an Karlsfelder Gemeinderatssitzungen - ohne Erfolg

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Karlsfelder SPD-Gemeinderätin Venera Sansone hatte es sich entspannt vorgestellt: Man wird aufgehalten im Büro, muss noch dies und das erledigen, doch die Gemeinderatssitzung beginnt schon bald. Wie soll man das alles nur schaffen? Könnte man online an der Sitzung teilnehmen, würde jede Menge Stress und Hektik wegfallen, das Leben wäre mit einem Mal deutlich angenehmer. "Das Mandat wäre besser vereinbar mit Familie und Beruf", warb sie. "Eine charmante Möglichkeit" für diejenigen, die zu Hause für Kinder sorgen müssen oder einen Pflegefall haben oder die, die eben beruflich sehr eingespannt sind. Selbst wenn man mal in Quarantäne müsste, man könnte sein Mandat trotzdem ausüben. "Es würde auch die Kandidatenfindung künftig erleichtern", so Sansone in der jüngsten Sitzung. "Hybridsitzungen", wie sie sie nennt, - also Sitzungen, in denen ein Teil der Gemeinderäte präsent sind und andere sich virtuell zuschalten können - wären "ein Zeichen von Modernität." Doch bei ihren Kollegen im Gremium konnte sie damit nicht punkten - zumindest noch nicht.

Videokonferenzen sind zwar inzwischen überall gang und gäbe, deshalb und angesichts des hohen Ansteckungsrisikos mit dem Coronavirus bei Präsenzveranstaltungen hat der Bayerische Landtag den Weg für Hybridsitzungen frei gemacht. Seit dem 17. März könnten Gemeinderäte sich online in den Sitzungen zuschalten und so auch mit abstimmen, sofern die Kommune dies in ihrer Satzung festgelegt hat. Vor fast einem Jahr hatte der Gemeinderat schon einmal sehr kontrovers darüber diskutiert. Damals ging es aber um Streaming, damit auch Zuhörer von zuhause aus an den Sitzungen teilnehmen können. Diesmal drehte sich jedoch alles nur um die virtuelle Teilnahme der Kommunalpolitiker.

Die Ressentiments gegen Online-Übertragungen sind jedoch geblieben: Der Städtetag empfehle, diese Idee nicht umzusetzen, erklärt der Fraktionssprecher der CSU Bernd Wanka. Es werde zu Problemen kommen, prophezeit er. Nicht jeder habe einen stabilen Internetzugang. "Was ist wenn jemand kurz vor der Abstimmung aus dem Netz fliegt?" Das seien ungeklärte rechtliche Probleme, die die Praxis nun mal mitbringe. Um so etwas zu verhindern, müsse die Gemeinde erst einmal die Serverstruktur ausbauen und massiv in die Technik investieren. Auch damit niemand die Sitzungen heimlich mitschneiden könne. So etwas zu verhindern sei aufwendig, meint Wanka. Die CSU rechnet mit Kosten in Höhe von 50 000 bis 100 000 Euro. Eine Summe, die der Haushalt "nicht hergibt". Auf die Schnelle sei die Gesetzesänderung nicht durchzusetzen, und so einigte man sich einmal mehr, das Thema im Auge zu behalten.

Die Bürgerversammlung, die im vergangenen Jahr coronabedingt ganz ausgefallen ist, soll in diesem Jahr digital stattfinden. Die SPD hatte diesen Vorschlag gemacht, nachdem Hebertshausen bereits im März gezeigt hatte, wie es geht. In Dachau musste das Vorhaben allerdings wegen technischer Schwierigkeiten abgebrochen werden. Einen Termin für die Karlsfelder Online-Veranstaltung gibt es noch nicht.

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Quelle:
SZ vom 06.05.2021
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