Kommentar:Zweischneidige Strategie

Der Einzelhandel wirbt mit Argumenten des Tierschutzes und stellt an die Bauern strenge Auflagen. Das Tierwohl ist wichtig, aber darüber darf nicht vergessen werden, dass manche Forderung kleinere Betriebe in den Ruin treiben kann

Von Robert Stocker

Das Verhalten vieler Verbraucher hat sich verändert. Das gilt besonders für Lebensmittel. Gesundheitsbewusste Konsumenten schauen nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Herkunft der Ware. Regionale Produkte sind bei vielen begehrt, weil sie keine langen Vertriebswege hinter sich haben und nicht mit Konservierungsstoffen behandelt werden. Zudem wollen Verbraucher wissen, wie die Lebensmittel produziert werden, die sie essen. "Bio" ist ein Etikett, das immer mehr Kunden im Auge haben.

Der Lebensmittelhandel hat auf diesen Wandel längst reagiert. In Supermärkten wird mit regionalen Produkten geworben, deren Herkunft auf Schildern ersichtlich ist. Wenn es um Lebensmittel von Tieren geht, spielen auch die Produktionsbedingungen eine Rolle. Tierschutz ist vielen Verbrauchern nicht egal. Sie wollen wissen, wie die Kühe gehalten werden, deren Milch sie auf dem Frühstückstisch haben. Ob die Tiere eingezwängt in Boxen stehen oder ausreichend Freilauf haben. Ob sie in sauberem Streu auf weichen Matten liegen oder auf hartem Beton in ihrem Mist kauern müssen. Das ist auch dem Unternehmen Edeka bewusst. Im Anforderungskatalog an die Milchviehhalter geht es vordergründig ums Tierwohl. Vermutlich steckt aber auch eine Strategie dahinter. Achtung Verbraucher, uns ist der Tierschutz wichtig. Wer bei uns einkauft, erhält Produkte, bei deren Erzeugung das Tierwohl eine Rolle spielt.

Eine zweischneidige Strategie. Denn ihr können kleine Betriebe zum Opfer fallen, deren Kühe auf saftigen Wiesen weiden, aber keinen hypermodernen, klimatisierten Laufstall haben. Dass sich auch um diese Tiere regelmäßig ein Tierarzt kümmert, dürfte selbstverständlich sein. Viele Betriebe im Landkreis haben diese Struktur, im Voralpenland sind sie die Regel. Sie prägen die Landschaft und die Kultur. Ihre Existenz zu gefährden, wäre auch ein Eingriff in die Natur. Der Bauernverband warnt zurecht davor. Irgendwie müsste es doch gelingen, ihre Existenz und das Tierwohl in Einklang zu bringen.

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