Kommentar:Wachstum zwingt zur Kooperation

Vor zwanzig Jahren hätte die Kommunalpolitik über den sogenannten Fortschritt noch gejubelt. Heute kreist die Debatte um die negativen Folgen des Zuzugs in den Landkreis. Eines ist klar: Gemeinden und Städte müssen Kompromisse schließen, wenn sie die Probleme meistern wollen

Von Wolfgang Eitler

Vor 20 Jahren hätten Kreispolitiker bei solchen sozialen und wirtschaftlichen Daten gejubelt und den kontinuierlichen Fortschritt gefeiert. Mehr Arbeitsplätze, mehr Gewerbesteuer, mehr Abiturienten, mehr, mehr... Heute dreht sich die Diskussion um die Grenzen eines solchen Wachstums in globaler wie lokaler Hinsicht. Einer der wichtigsten Wirtschaftspolitiker des Landkreises, der Bergkirchener Bürgermeister Simon Landmann (CSU), hat angekündigt, dass seine Gemeinde nicht noch mehr Gewerbe benötigt. Er hat schon sehr viel entlang der A 8 ermöglicht. Odelzhausen und Sulzemoos indes erweitern dort ihre Gewerbeflächen.

Der Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbands, Christian Breu, hat für das Grundproblem in der Region die treffende Formulierung von der "Gleichzeitigkeit gegenläufiger Entwicklungen" gefunden. Der Begriff suggeriert zumindest das Gefühl der Beherrschbarkeit solcher Probleme wie fehlende Wohnungen bei einer steigenden Zahl von Arbeitsplätzen oder neuer Bau- oder Gewerbegebiete und einer begrenzten Kapazität des öffentlichen Nahverkehrs. Immerhin ist das Problem schon mal benannt.

Ob es tatsächlich auf lokaler Ebene gelöst oder wenigstens etwas gelindert werden kann, ist indes zweifelhaft: Bürgermeister müssten sich dazu zwingen, Unternehmen abzulehnen. Wie soll bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, wenn die meisten Eigentümer wegen der Null-Zins-Politik nicht verkaufen oder Irrsinnspreise bekommen? Die Kommunen könnten vorangehen und beweisen, dass ein Ausgleich von Interessen und damit eine Problemlösung möglich und realistisch ist. Insofern darf man gespannt sein, ob für Petershausen ein Kompromiss gefunden wird: zwischen der Gemeinde, die ständig neue Parkplätze an der S-Bahn-Endstation bauen muss, und den Nachbarlandkreisen, deren Pendler davon profitieren.

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