Kommentar:Viel Zeit bleibt nicht mehr

Waldbegehung

Die Zeit zum Umbau der Wälder drängt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Es braucht einen Umbau des Waldes: weg von der Fichten-Monokultur hin zu hitzetoleranten Baumarten. Dabei dürfen die Waldbauern nicht alleine gelassen werden. Auch Jäger, Politiker und Forstämter sind gefragt. Sie müssen handeln, bevor es zu spät ist.

Von Helmut Zeller

Noch sind die Stimmen verblendeter Ignoranten und interessierter Wirtschaftsbranchen, die den Klimawandel gerne als Lüge ausgeben würden, nicht verstummt, obwohl doch wissenschaftliche Analysen und Studien eine ganz andere Sprache sprechen. Die Dachauer Waldbauern brauchen sie nicht einmal zu lesen - es genügt ein Erkundungsgang durch die Wälder der Region. Nur ein Beispiel: In nur drei Jahren hat der Borkenkäfer auf einer Fläche von drei Hektar im Eichholz bei Fürstenfeldbruck ein ganzes Waldstück dahingerafft. Dazu lädt der Klimawandel den Schädling geradezu ein, aber was heißt schon Schädling:

"Der Borkenkäfer ist Teil des Fichtenökosystems. Und wir haben mit dem Herunterholen der Fichte ins Flachland nicht nur die Baumart Fichte geholt, sondern auch ihre Begleiter, zum Beispiel den Borkenkäfer", sagt Günter Biermayer, Leiter des Forstamts Fürstenfeldbruck.

Nun rächt sich die im unbedingten Glauben an den Fortschritt getroffene wirtschaftliche Entscheidung, ganz auf Monokulturen zu setzen. Aber es wäre zu simpel, jetzt den Waldbesitzern den Schwarzen Peter zuzuschieben. Eine Ursache war der steigende Holzbedarf der Gesellschaft. So wurden in den vergangenen 100 bis 200 Jahren die ursprünglichen Mischwälder durch die schnell wachsenden Fichte abgelöst, auch im Landkreis Dachau. Ökologische Gesichtspunkte traten weit in den Hintergrund - und nicht nur in der Forstwirtschaft.

Der Kurs ist klar: Mit dem Umdenken muss ein Umbau des Waldes einhergehen, weg von der Fichten-Monokultur hin zu hitzetoleranteren Baumarten. Experten fordern mindestens vier bis acht unterschiedliche Baumarten auf einer Fläche. Das ist eine Forderung auch an die Kommunen, der durchaus entsprochen wird. Dachau etwa mit seinem Stadtwald oder die Gemeinde Altomünster, die auf ihrem 25 Hektar großen Waldstück im Altoforst schon vor Jahren damit begonnen, neben Fichten auch Buchen und Tannen zu pflanzen. Ein Mischwald aus Fichte, Buche und Tanne ist nicht nur stabiler, sondern wirft ebenso Erträge ab.

Die Einsicht ist vorhanden, nur dürfen die Waldbauern nicht allein gelassen werden. Allein die Hoffnung auf ein gemeinsames Vorgehen ist trügerisch. Dem Grundsatz "Wald vor Wild" folgend, fordern Forstämter und Politiker, auch Grüne und Naturschützer, dass die Abschusszahlen von Rehwild erhöht werden, um den Jungwald vor allem in den Staatsforsten vor Verbissschäden zu bewahren. Dem halten die meisten Jäger entgegen, dass dieser Grundsatz ein "Totschlagargument" ist. Tatsächlich hat sich der Waldzustand in Revieren mit wesentlich niedrigeren Abschusszahlen deutlich verbessert. Wie immer die anhaltende Diskussion ausgehen mag - viel Zeit zur Umkehr bleibt nicht mehr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: