Kommentar:Taktische Finessen

Im Streit um das Gewerbegebiet ist die Bürgerinitiative gut beraten, die Entscheidung des Kreistags über das Landschaftsschutzgebiet abzuwarten

Von Robert Stocker

Die Strategie sollte den großen Durchbruch bringen: Der Vorschlag von CSU und SPD, neben einem Gewerbeareal an der Schleißheimer Straße auch ein großes Landschaftsschutzgebiet auszuweisen, wurde vor einigen Wochen noch als "Wunder von Karlsfeld" gefeiert. Das Bündnis, die drittgrößte Fraktion im Gemeinderat, war diesem Kompromiss zunächst nicht abgeneigt. Doch nach einem Richtungsstreit in der Wählergruppe haben sich die Hardliner durchgesetzt. Sie sehen den Vorschlag als pure Taktik und halten an der Maximalforderung "kein Gewerbegebiet" fest.

Ob das Landschaftsschutzgebiet zwischen Tiefem Graben und Bajuwarenstraße tatsächlich kommt, liegt nicht in den Händen des Gemeinderats. Darüber befindet allein der Kreistag. Und der hat das Vorhaben schon einmal abgelehnt. Dass Wolfgang Offenbeck als einziger im Gemeinderat der Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets nicht zugestimmt hat, wird manchen Gewerbegebiet-Gegner hellhörig machen. Der CSU-Gemeinderat ist gleichzeitig Vorsitzender der größten Kreistagsfraktion, welche die Entscheidung pro oder contra Landschaftsschutzgebiet maßgeblich beeinflussen wird. Wenn die CSU eine Ausweisung ablehnen würde, wäre das aus Sicht von Offenbeck nur konsequent. Denn er könnte darauf verweisen, dass er im Kreistag dieselbe Linie wie im Gemeinderat verfolgt.

Das Gewerbegebiet an der Schleißheimer Straße ist beschlossene Sache. Es wurde ohne die Bündnis-Stimmen durchgesetzt. Doch CSU und SPD reagieren nur deshalb so heftig, weil sich die Wählergruppe wieder auf die Seite der Bürgerinitiative Grünzug geschlagen hat. Dadurch steigen die Chancen eines möglichen Bürgerbegehrens contra Gewerbegebiet, das CSU und SPD verhindern wollen. Vor fünf Jahren scheiterte die Gemeinde grandios bei einem Bürgerentscheid, der den Weg für ein Gewerbegebiet freimachen sollte. Ein Trauma, das sich aus Sicht von CSU und SPD nicht wiederholen darf. Das Bürgerbegehren der Initiative Grünzug macht aber nur dann einen Sinn, wenn das Landschaftsschutzgebiet abgelehnt wird. Die Bürgerinitiative wäre gut beraten, die Entscheidung des Kreistags abzuwarten.

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