Kommentar:Strategischer Schulterschluss

Für den Abbau der Missstände in der Pflege der Helios Amperklinikum Dachau AG muss sich die Kommunalpolitik stark machen. Dann wird sich zeigen, inwieweit der Landkreis, der 5,1 Prozent der Krankenhausanteile hält, Einfluss auf die Politik der Konzernspitze in Berlin hat

Von Wolfgang Eitler

Der Appell des Betriebsratsvorsitzenden Claus-Dieter Möbs für mehr Teamgeist und mehr Teambildung in der gesamten Helios Amperklinikum Dachau AG beschreibt das Defizit, das durch die Privatisierung der beiden ehemals kommunalen Krankenhäuser entstanden ist: Seit 1996 wurden die einzelnen Arbeitsbereiche an Fremdfirmen vergeben, die sich ihrerseits nicht an den täglichen Belangen der Stationen orientieren, sondern an Vorgaben, welche die jeweiligen Unternehmen mit der Geschäftsführung nach profitablen Gesichtspunkten vereinbarten. Die Folge ist eine Zersplitterung des Personals. Die Folge ist auch eine Fragmentarisierung der Kliniken, die sich nicht mehr als eine Einheit empfinden zum Wohle der Patienten. Dieses System ist in diesem Sommer unter einem unerwartet hohen Andrang an Patienten in sich zusammengebrochen.

Der Möbs-Appell schließt auch die Versuche der Geschäftsführung mit ein, diese Defizite mittels einer besseren internen Kommunikation zu beheben. Dazu muss die Geschäftsführung um Christoph Engelbrecht im neuen Jahr erst mal eine Offenheit schaffen, in der sich die Beschäftigten trauen, Fehler oder Missstände darzulegen und Vorschläge zu unterbreiten. Um diesen Prozess zu stärken sehen sich Möbs und der Betriebsrat selbst in der Pflicht zur Teambildung. Der strategische Schulterschluss mit dem Aufsichtsrat ist das demonstrative Angebot, an einer neuen Struktur für mehr Offenheit mitzuwirken.

Der vierte Aspekt des Appells ist der langfristig entscheidende. In Dachau kann das Ziel eines neuen Teamgeistes nur erreicht werden, wenn die Kommunalpolitik sich dafür einsetzt. Dafür will Möbs die Voraussetzungen schaffen. Die Amper-Klinikum befindet sich nicht komplett in den Händen von Helios. Möbs Ziel ist es, den Einsatz von Fremdfirmen in Dachau und Markt Indersdorf abzuschaffen. Dazu müsste es gelingen, die Helios-Führung in Berlin politisch unter Druck zu setzen.

Aber der Konzern mit 110 Kliniken bundesweit gilt als Verfechter der Fragmentarisierung. Die entscheidende Frage also lautet: Überlässt die Konzernspitze der Dachauer Aktiengesellschaft, die ihr zu 94,9 Prozent gehört, die Gestaltungsfreiheit? Die Presseerklärung des Aufsichtsrats deutet diese Option an. Ein Versprechen ist sie allerdings nicht. Aus kommunalpolitischer Sicht wird somit die Frage spannend, wie viel die 5,1 Prozent tatsächlich wert sind, die der Landkreis am Helios-Amper-Klinikum hält.

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