Dachauer Tafel:Seidenaths schwere Fehler

Der BRK-Kreisvorsitzende vermengt sein Ehrenamt mit seiner politischen Tätigkeit. Damit bringt er den gesamten Kreisverband in Verruf

Von Wolfgang Eitler

Die harschen Proteste, angekündigten Austritte und der Stopp von Spenden sind zwar verständlich. Aber die Reaktionen sind trotzdem falsch. Denn damit treffen die verärgerten Bürger im Landkreis das Bayerische Rote Kreuz (BRK) insgesamt, also auch die zahlreichen Ehrenamtlichen und nicht bloß den für die Führungskrise verantwortlichen Bernhard Seidenath. Was bedeutet es schon, wenn ein kleiner Kreisvorsitzender innerhalb einer weltweit tätigen Organisation Statuten missachtet?

Außerdem liegt der Skandal nicht darin begründet, dass die Tafel des Roten Kreuzes keine Lebensmittel an Asylbewerber verteilt. Die Mitarbeiter würden schon wollen, aber sie können nicht. Die meisten von ihnen sind mehr als 70 Jahre alt. Sie unterstützen 700 Menschen in Not. Das Rote Kreuz hätte einen Appell an die Öffentlichkeit richten können, dass die Tafel selbst Hilfe benötigt. Stattdessen begründet der Kreisvorsitzende die Entscheidung mit einem pädagogischen Auftrag, Flüchtlinge von der Tafel auszuschließen, damit sie lernten, mit Geld umzugehen.

Deswegen schlägt ihm und leider auch dem BRK "eine Welle der Empörung" entgegen, wie Seidenath selbst formuliert. Der BRK-Vorsitzende vermengte die ehrenamtliche Tätigkeit im Roten Kreuz mit seinen politischen Funktionen und Ansichten als CSU-Landtagsabgeordneter und CSU-Kreisvorsitzender. Um in seinem maritimen Bild zu bleiben: Er wollte auf der Schaumkrone der bayerischen Flüchtlingspolitik surfen - und hat die Balance verloren.

Nach Seidenaths neuesten Einlassungen läuft allerdings das gesamte Rote Kreuz im Landkreis Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren. Denn der Kreisvorsitzende nimmt die Mitgliederversammlung und sämtliche Gremien in die Pflicht. Sie hätten von der Entscheidung der Tafel gewusst, wissen müssen, auf jeden Fall wissen können. Das offiziell als Krisensitzung titulierte Treffen des gesamten Kreisvorstands nächste Woche darf mit Spannung erwartet werden. Denn es steht Aussage gegen Aussage: Mitglieder des erweiterten Kreisvorstands wie der oberbayerische Bezirkstagspräsident aus Altomünster, Josef Mederer (CSU), haben öffentlich darlegt, weder vom Beschluss noch von der Begründung informiert gewesen zu sein.

Unabhängig davon hat Bernhard Seidenath zwei schwere Fehler begangen. Der eine ist die parteipolitisch motivierte Begründung der Absage an Asylbewerber als Vertreter einer überparteilichen Organisation. Der zweite liegt in der Missachtung zentraler Formalien. Es wäre seine Aufgabe gewesen, dem BRK-Kreisvorstand einen Beschlussvorschlag zu unterbreiten, mit dem Ziel, die Zugangsberechtigung zur Tafel zu beschränken. Eine Abstimmung hätte er klar verloren. Stattdessen hatte er das maßgebliche Gremium umgangen und eine interne, informelle Beratung mit der Tafel zur Entscheidung des Roten Kreuzes stilisiert. Deshalb hat Bernard Seidenath an Status und Statur im Landkreis verloren. Er hat sich selbst massiv beschädigt. Aber das Rote Kreuz sollte darunter nicht leiden müssen.

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