Kommentar:Schluss mit dem Unfug

Der Streit um ein polizeikritisches Lied hat sich zu einer Grundsatzdebatte über die Kulturförderung der Stadt Dachau ausgewachsen. Diese toxische Diskussion muss ein Ende haben.

Von Gregor Schiegl

Mittlerweile ist die Debatte um einen kleinen Zuschussantrag für ein Online-Konzert der Punk-Band Sabot Noir völlig aus dem Ruder gelaufen. Erst gerieten die jungen Musiker in die Kritik konservativer Kräfte, weil sie ein Lied im Repertoire haben, bei dem die Polizei nicht besonders gut wegkommt, von "Linksextremismus" raunten Vertreter von AfD und CSU im Kulturausschuss. Dann folgte eine Grundsatzdebatte über die Dachauer Kulturförderrichtlinien. Und schließlich wurde nebenbei auch noch der Stellenwert des selbstverwalteten linken Jugendzentrum Freiraum, aus dessen Dunstkreis die Punkband stammt, als kulturelle Institution öffentlich in Zweifel gezogen: Ist das Kunst oder kann das weg?

In diese Debatte galoppierenden Unsinns schaltet sich nun die Künstlervereinigung Dachau (KVD) ein - mit einer Notbremsung: Es sei "gänzlich unangebracht", den Freiraum zu attackieren, schreibt der KVD-Vorstand in einem Brief: "Jetzt ist es auch mal wieder gut!" Die Stimme der KVD hat Gewicht: Die Künstlervereinigung ist eine große, traditionsreiche Vereinigung und auch tief im bürgerlichen Milieu verwurzelt. Die Stellungnahme hat der Vorstand bewusst knapp gehalten und auf jegliche Vorwürfe verzichtet; man würde sonst die unselige Diskussion nur weiter befeuern.

Dass sich die KVD bemüßigt fühlt, sich in dieser doch sehr speziellen Debatte zu Wort zu melden, zeugt von einem tiefen und wohl auch berechtigten Unbehagen über die entgleiste Diskussion. Streit über Kunst gab es immer wieder, auch weltanschauliche und politische Reibereien - das macht die Vitalität und Relevanz von Kunst aus. Das Problematische und Besorgniserregende ist, dass einige Kräfte versuchen, einen Teil der Dachauer Kulturszene zum Schauplatz ideologischer Scharmützel zu machen und einen wesentlichen Bestandteil der jungen Dachauer Kultur zu desavouieren. Der kulturelle Reichtum dieser kleinen Stadt liegt aber auch und vor allem in ihrer Vielfalt. Die gilt es zu verteidigen. Die toxische Diskussion muss endlich ein Ende haben.

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