Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Pragmatisch und mit viel Herz

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"Theater ist kein Wunschkonzert", sagt der Haimhauser Kulturreferent Josef Heigl (CSU). Genau so ist es

Von Rudi Kanamüller

In der Haimhausener Gemeinderatssitzung war viel von "Pragmatismus" die Rede. Pragmatisch haben die Kommunalpolitiker über alle Grenzen hinweg das Problem der Übernahme der Privatwege im Baugebiet Scheitelbreite gelöst. Pragmatisch ging man auch beim Thema Veröffentlichung der Tagesordnung von Sitzungen vor, pragmatisch und einstimmig. So, wie man es vom Haimhausener Gemeinderat in den überwiegenden Fällen gewohnt ist. Viel mehr war das Herz der Kommunalpolitiker beim Antrag des Haimhausener Kulturkreises für sein neues Großprojekt "Haimhauser Ball der Vampire 2019" gefordert. Die Aufführung soll anlässlich des 35-jährigen Bestehens des Kulturkreises inszeniert werden. Denn diesmal ging's ums Geld. Viel Geld.

Man kennt das ja: Wenn in dieser Gesellschaft der Sparstift angesetzt wird, dann müssen normalerweise in erster Linie Leute, die im Sozial- oder Kunstbetrieb unterwegs sind, in Deckung gehen. Hier lassen sich nämlich am ehesten und ohne großen Widerstand der Betroffenen viele Euros einsparen. Die skeptischen Blicke einiger Gemeinderäte auf die Zahl 20 000 Euro, die der Kulturkreis als Zuschuss für seine 95 000 Euro teure Theateraufführung beantragt hatte, waren jedoch nicht so gemeint. Die Haimhausener, zumal der Gemeinderat, wissen, was sie am Kulturkreis haben. Sie wissen zudem sehr genau, dass der Erfolg des Vereins auch auf die Gemeinde ausstrahlt und ihr weit über die Region hinaus Ansehen verschafft - als weltoffene, tolerante und fortschrittliche Kommune mit Anspruch. Genauso gut wissen sie, dass das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder mit Geld nicht zu bezahlen ist.

35 Jahre besteht der Kulturkreis. So viele Jahre kann man nur erfolgreich durchhalten, wenn man auch von denen unterstützt wird, die über die gemeindlichen Mittel verfügen und diese verantwortungsvoll ausgeben. Sei es für Kindergärten, Schulen, Straßen und - die Kultur. Mit der Ablehnung des Zuschussantrages aber wäre das Ansehen der Gemeinde schlagartig gesunken, hätte möglicherweise das 35-jährige Engagement auf einen Schlag zunichte gemacht. Man kann dem Haimhausener Kulturreferenten Josef Heigl (CSU) deshalb nicht genug für seinen schlicht pragmatischen Ansatz danken, wonach "Theater eben kein Wunschkonzert" ist. So ist es.

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Quelle:
SZ vom 17.12.2018
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