Kommentar:Nur scheinbar nah am Bürger

Das Projekt Umbau der Münchner Straße in Dachau hat gut begonnen. Es sollte sachlich zu Ende geführt werden und nicht für parteipolitische Interessen zweckentfremdet werden

Von Viktoria Großmann

Alte Politikerregel zum neuen Jahr: Mit nichts lässt sich so gut Stimmung machen wie mit Verkehrsthemen. Kaum ein Thema wird emotionaler und selbst bei eindeutiger Datenlage subjektiver diskutiert als der Straßenverkehr. Zu langsam, zu schnell, zu voll, zu gefährlich: Wie jemand die Straßenverhältnisse wahrnimmt, hat nicht nur damit zu tun, ob er hinterm Steuer sitzt, auf einem Fahrradsattel oder ob er zu Fuß geht. Es hängt auch davon ab, was derjenige sonst so gewöhnt ist. Wie ungeduldig oder vorsichtig er ist. Was für den einen ein mordsmäßiger Stau ist, ist für den anderen eine normale Verzögerung. Viele mögen es immer als rücksichtslos empfunden haben, wenn früher einer auf der linken Fahrspur in der Münchner Straße vorbeiraste, nur um sich dann an der Ampelkreuzung wieder rechts hinein zu drängeln. Andere empfanden das offenbar als ihr gutes Recht, und nun geht es ihnen viel zu langsam.

Klar ist: An der neuen Einspurigkeit des kurzen Abschnitts der inneren Münchner Straße kann es nicht liegen. Denn sie ist davor und dahinter auch einspurig. Aus Sicht von Planern mag das ein einleuchtendes Argument sein, mit dem man die Probephase in den Dauerbetrieb überleiten könnte. Einige Dachauer Politiker scheinen hingegen die Chance zur Profilierung zu wittern. Nah am Bürger und seinen Wünschen, das möchte doch jeder gern sein. Als die Testphase für die Münchner Straße beschlossen wurde, da waren sich zur Abwechslung alle darin einig, dass man den Bürgern auch einmal etwas zumuten müsse. Dass vielleicht Stadtrat und Verwaltung manchmal weitsichtiger sind. Es ist zu hoffen, dass die paar Hundert Meter Straße nun nicht zum Wahlkampfthema werden, an dem sich entscheiden soll, ob Dachau eine Umgehungsstraße braucht und wer die meiste Ahnung vom Radfahren hat. Das Projekt hat gut begonnen. Es sollte sachlich zu Ende geführt werden und nicht für parteipolitische Interessen zweckentfremdet werden.

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