MD-Gelände:Nicht nur träumen

Der Blick auf das Kreativzentrum im österreichischen Linz kann durchaus neue Anregungen geben. Doch auf dem Dachauer MD-Gelände sollte auch Platz für Wohnen und Handel sein

Von Viktoria Großmann

Es ist oft eine gute Idee, das Rad nicht neu erfinden zu wollen, sondern von anderen zu lernen. Im Falle von Industriebrachen wird das auch getan. Die Lösung lautet von Košice bis Detroit, in Linz und sowieso in Berlin: Wo einst Maschinen hämmerten, tippen jetzt Kreative in ihre Designnotebooks. Das kann gut gehen, so wie offenbar in Linz, es kann aber auch Ausdruck schlichter Ideenlosigkeit, Fügung in Notwendigkeiten und blanker Verzweiflung sein. Was soll man auch machen mit ungenutzter Industriefläche? Früher schufteten dort Arbeiter für wenig Geld und später mit immer besserer Absicherung, heute beuten sich in den Räumen studierte Freiberufler ohne Altersversorgung selbst aus. Das ist der Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft. Fabrikgebäude sind in, wenn ihre dicken Wände dafür taugen, laute Konzerte abzuschirmen oder wenn sie mit Shabby Chic den passenden Rahmen für Ausstellungen bieten.

Für Nutzungen wie auf dem Linzer Gelände ist zum Teil auch im Gewinnerentwurf des städtebaulichen Ideenwettbewerbs Platz. Raum für die Öffentlichkeit, für Betriebe, Veranstaltungen sind sogar wesentlicher Bestandteil des Entwurfs. Nur ist eben auch Platz für Wohnen und Handel. Die Fläche ist ja auch viermal so groß wie die in Linz. Und anders als in der oberösterreichischen Landeshauptstadt ist das MD-Gelände kein von jeher in die Stadtplanung eingefügter Teil, er soll es erst noch werden. Eine Stadtplanung für das MD-Gelände tut der ganzen wachsenden Stadt gut.

Es ist in jedem Fall eine gute Idee, über das MD-Gelände in der Diskussion zu bleiben. Der Blick nach Linz und in andere Städte kann gute und interessante Anregungen liefern. Die wichtigste: Das rasche und entschlossene Handeln des städtischen Magistrats. Während MD seit neun Jahren eine Brache ist, ging die Tabakfabrik vom Betriebsende nahtlos über in die neue Nutzung. Reden kann helfen, sich in Träumen verzetteln nützt wenig, Besserwisserei und Skepsis bringen nichts. Zur Realität in Dachau gehört, dass die Planung an ein international erfolgreiches und sehr erfahrenes Architekturbüro vergeben wurde. Darin steckt auch die Chance, dass Dachau einmal selbst zum Vorbild wird.

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