Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Neue Wege brauchen Mut

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Wer Autofahrer zum Umsteigen auf andere Verkehrsmittel bewegen will, muss es unattraktiver machen. Auf dem Karlsfelder Ludl-Areal an Parkplätzen zu sparen, ist daher der richtige Ansatz

Von Christiane Bracht

Veränderungen brauchen Mut. Mut zur Lücke. Diesen sollte Karlsfeld unbedingt aufbringen. Lange genug und natürlich auch zurecht haben sich die Bürger über die endlos langen Staus auf der Münchner Straße aufgeregt. Geklagt wird über Lärm, Feinstaub und die Gefahr von Unfällen. Um den Wahnsinn auf den Straßen in den Griff zu bekommen, ist immer wieder der Ruf nach Verbesserungen im Radverkehr laut geworden. Wenn man ihn attraktiver gestaltet, lassen einige vielleicht ihren Wagen gelegentlich zu Hause stehen, so die Hoffnung. Die Gemeinderäte legen inzwischen viel Wert auf gute Wegeverbindungen für Radfahrer und ausreichend viele Ständer zum sicheren Anketten. Das ist ein großer Fortschritt, keine Frage. Aber reicht das?

Um jemanden zum Umdenken zu bringen, ist es zwar gut, die Alternative attraktiv zu gestalten. Aber meist ist es auch nötig, das Autofahren möglichst beschwerlich zu machen, denn nur dann gibt es wirklich einen Grund umzusteigen. Schließlich muss man sich ja beim Radeln bewegen, und der Mensch ist von Natur aus faul. Wenn also weiterhin bei jeder Planung zuerst darauf geachtet wird, dass der Autofahrer schöne breite Straßen bekommt, angenehme Abbiegespuren und ausreichend viele Parkplätze, wird sich nie etwas ändern. Die Devise muss also lauten: Weniger ist mehr. Weniger Parkplätze, mehr Radler und natürlich auch mehr Busse.

Eine deutlich bessere Anbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr an die S-Bahn und vor allem an München - darüber sollten die Kommunalpolitiker eher diskutieren als über mehr Parkplätze. Das wäre zielführender. Auch wenn dies dem Investor natürlich entgegenkommt. Aber es geht, wie Ingenieur Patrick Keilholz schon bemerkt hat, um eine Gesamtplanung. Und die soll bessere Verhältnisse für alle Karlsfelder bewirken.

Bislang hat man nur lamentiert über den schrecklichen Verkehr, der immer schlimmer wird. Geholfen hat es nichts. Bei jeder Debatte um neue Bauten ist er Thema Nummer eins. Die Lösung des Problems ist unbestritten schwierig. Aber den Ansatz von Bernd Wanka, einmal weiterzugehen und einfach weniger Parkplätze zu bauen, Mut zur Lücke zu haben, wäre sicher einen Versuch wert - vielleicht sogar die Lösung.

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Quelle:
SZ vom 30.07.2019
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