Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Krampfhaft nah am Bürger

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Die Dachauer CSU-Stadtratsfraktion versucht, sich wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen - mit einem ziemlich absurden Antrag zum Volksfest.

Von Benjamin Emonts

Für Anträge wie den der Dachauer CSU-Fraktion zum Volksfest gibt es im Bayerischen wie im Österreichischen ein wunderbares Wort: Geschaftlhuberei. Frei übersetzt heißt der für Auswärtige (bairisch: Preißn) nur schwer auszusprechende Begriff: "eine umtriebige Aktivität, die zu nichts zu führt". Der Versuch ein Masskrug-Privileg für das große Festzelt einzuführen, das die Stadt verpachtet, ist absurd. Es wäre nur für den jeweiligen auserkorenen Festzeltwirt enorm lukrativ.

Er wäre konkurrenzlos. Man stelle sich vor: Eine Band in einem kleinen Zelt stimmt das typische Trinklied ("oans, zwoa, gsuffa..." ) an - und dann heben die Besucher ein 0,33-Liter-Fläschchen hoch. Die Stimmung wäre bestimmt super heiter ausgelassen. Glücklicherweise hat die CSU bloß einen Antrag formuliert, den Fraktionsvorsitzender Florian Schiller gleich wieder zurücknehmen kann. Anscheinend ist ihm der Unsinn noch rechtzeitig klar geworden.

Nicht weniger gschaftlhuberisch kommt die Forderung daher, die Eingangsbereiche des Volksfests künftig "attraktiver und ansprechender" zu gestalten. Von Girlanden ist die Rede, welche den Besuchern ein herzlicheres Willkommen suggerieren sollen. Daran, dass an den Eingängen die Taschen kontrolliert werden, wird der Schmuck nichts ändern. Wer aufs Volksfest gehen will, der tut das sowieso. Dass eine Willkommens-Girlande die Kontrollen freundlicher gestaltet - schwer vorstellbar.

Für diesen Antrag gibt es nur eine Erklärung: Die CSU, die momentan wegen der Wahlniederlage und des Aderlasses in den eigenen Reihen (namhafte Vertreter haben Partei und Fraktion verlassen) nicht gerade die rosigsten Zeiten durchlebt, sucht anscheinend hektisch nach volksnahen Themen. Das Volksfest ist den Dachauern seit jeher ihr liebstes Kind. Wer darüber spricht, findet Gehör, selbst wenn erst einmal Weihnachten ansteht. Aber vielleicht hat die CSU noch eine super volksnahe Idee für den Christkindlmarkt. Wir sind gespannt.

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Quelle:
SZ vom 08.10.2016
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