Süddeutsche Zeitung

Schwierige Personalie:Für immer angreifbar

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Angestellter im Ausländeramt und Chef der Sicherheitsleute in den Flüchtlingsunterkünften gleichzeitig: juristisch ist das nicht zu beanstanden, aber klug ist es auch nicht

Von Viktoria Großmann

Rechtlich hat alles seine Ordnung, damit ist für den Landrat der Fall erledigt. Man setze auf Transparenz, man schaue genau hin. Das Thema Asyl sei sehr sensibel, da solle man nicht nach "schnellen Schlagzeilen" suchen. Schließlich gebe es eine "gesamtgesellschaftliche Verantwortung", sagt Stefan Löwl. Damit liefert er seinen Kritikern das beste Argument: Eben weil es um ein sensibles Thema geht, sollten die Kreisräte ganz genau hinschauen, das müssen sie sogar.

Ein Vollzeitangestellter im Ausländeramt ist Geschäftsführer der Sicherheitsfirma, welche die Flüchtlingsunterkünfte betreut. Wer dabei nicht an die Möglichkeit interner Preisabsprachen denkt, wer nicht daran denkt, dass Informationen über Bewohner durch den Sicherheitsdienst direkt ins Ausländeramt getragen werden könnten, wer hier keine Vermischung von Zuständigkeiten zumindest annimmt, der nimmt seine Aufgaben als Kreisrat nicht ernst. Der Landrat hat auf Anfrage offen die Fakten dargelegt. Doch so viel Transparenz wie in diesem Fall nötig wäre, kann er mit sämtlichen Gesetzen nicht herstellen. Es bleibt ein ungutes Gefühl. Für Löwl zu wenig, um zu handeln. Dabei ist es entscheidend: Denn zur Politik gehören nicht nur Gesetze, sondern auch viel Fingerspitzengefühl.

"Wir können froh sein, dass wir keine anderen Probleme haben." Mit diesen Worten hat der Landrat im Kreisausschuss das Thema beendet. Die können aber schnell kommen. Derzeit wird gegen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ermittelt, weil sie angeblich Bewohner der Flüchtlingsunterkunft zu hart angefasst haben. Das mag überzogen sein und kann sich schnell aufklären. Am Freitag hat ein Mitarbeiter der betreffenden Firma einen Kommentar auf der Facebook-Seite der SZ Dachau hinterlassen, der dazu geführt hat, dass die Redaktion das erste Mal überhaupt einen Leserkommentar löschen musste, weil er als politisch extrem einzustufen war und damit den Hausregeln widersprach. Damit gibt es nun doch ein Problem. Es trifft das Landratsamt härter, als wenn die Firma unabhängig wäre. Genau das ist sie nicht. Die Distanz fehlt. Egal, wie viele eingehaltene Vorschriften der Landrat geltend macht, mit dieser Personalie macht er sich angreifbar.

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Quelle:
SZ vom 10.10.2015
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