Kommentar:Fehlerhafte Bedarfsrechnung

Ärztemangel in Brandenburg verschärft sich

Die Bedarfsrechnung der Kassenärztlichen Vereinigung ist fehlerhaft.

(Foto: dpa)

Einer Berechnung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) zufolge ist der Landkreis Dachau mit Ärzten überversorgt. Tatsächlich aber fehlen Hausärzte insbesondere in den ländlichen Teilen. Die Schlußfolgerung: Die KVB-Berechnung ist fehlerhaft

Von Thomas Hürner

Häufig sind menschliche Nöte nur schwer zu fassende Phänomene, sie sind individuell und unterliegen unterschiedlichen Sichtweisen. Manchmal genügt aber auch einfache Mathematik, um ein Problem zu identifizieren: Wenn der Bedarf von etwas zu 110 Prozent gedeckt ist, dann dürfte ja eigentlich kein Mangel vorherrschen, vorausgesetzt, niemand hat sich verrechnet und die richtigen Variablen wurden in die Gleichung eingefügt. Daraus lässt sich folgern, dass sich bei der ärztlichen Versorgungsquote für den Landkreis Dachau entweder jemand gehörig verrechnet hat - oder aber die Gleichung von vornherein ein paar eklatante Fehler aufweist.

Zweiteres ist der Fall: Der Landkreis Dachau teilt sich - wie nur wenige andere - in zwei grundverschiedene Sphären, in einen stark ländlich geprägten Norden und einen immer städtischer werdenden Süden. Wenn der ärztliche Bedarf für den gesamten Landkreis ermittelt wird, dann werden diese offenkundigen Unterschiede aber gleich behandelt. Die viel zu simple Rechnung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns bringt also unweigerlich Verlierer hervor, in diesem Fall die Gemeinden aus den nördlichen Gefilden des Landkreises, die vermehrt unter einem Mangel an Ärzten leiden, während die Stadt Dachau und der Wachstumsstreifen in Richtung München überversorgt sind. Menschen aus dem Norden müssen bei körperlichen und seelischen Leiden entweder in überfüllten Wartezimmern Platz nehmen oder aber eine in diesem Zustand beschwerliche Reise in den Süden antreten.

Damit eins plus eins endlich wieder zwei ergibt, sollte man die Gleichung also noch mal grundlegend überdenken. Abhilfe schaffen könnte etwa eine neu definierte Grundlage für die Ermittlung der Versorgungsquote: Dafür sollten sich Experten an der bestehenden Population und den Wachstumsprognosen gleichermaßen orientieren. Plausibel erscheint, den Landkreis aufzuteilen, auf der einen Seite der Süden der Stadt Dachau und Karlsfeld, auf der anderen der Norden und restliche Landkreis. Recht viel mehr lässt sich angesichts einer jungen Ärztegeneration, die nur ungern auf dem Land arbeitet, leider nicht tun - aber zumindest ließe sich so gewährleisten, dass die wenigen Mediziner, die kommen wollen, auf sinnvolle Weise verteilt würden.

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