"Kräutergarten" in Dachau:Ein starkes Stück

"Kräutergarten" in Dachau: Das Areal gehört der Stadt Dachau, doch diese allein kann den Erhalt des Kräutergartens nicht finanzieren. Die Gewächshäuser verfallen seit Jahren.

Das Areal gehört der Stadt Dachau, doch diese allein kann den Erhalt des Kräutergartens nicht finanzieren. Die Gewächshäuser verfallen seit Jahren.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Gerüchte um angebliche Altlasten auf dem Gelände des sogenannten Kräutergartens sind ein alarmierendes Signal. Denn es resultiert aus der Intransparenz der aktuellen Erinnerungspolitik.

Kommentar von Helmut Zeller

Ein böses Gerücht lautet: Die Stadt Dachau wolle sich elegant eines kontaminierten Areals entledigen, indem sie es der Gedenkstättenstiftung für einen Euro anbietet. Das wird am Rande suggeriert und wäre doch ein starkes Stück. Nur ist der Vorwurf an den Haaren herbeigezogen. Denn besagtes Areal ist - nach bisheriger Erkenntnis - überhaupt nicht belastet.

Andere wiederum sehen es vom entgegengesetzten Ende her: Demnach braucht die Stiftung einen Vorwand, um das unverhoffte Grundstücksgeschenk abweisen zu können - stünde sie doch als Grundeigentümer des "Kräutergartens" noch mehr in der Pflicht, endlich konkret an die Errichtung eines teuren Gedenkortes zu gehen. Nach jahrelangen entsprechenden Willensbekundungen. Und die Stiftung braucht viel Geld für viele Projekte, etwa eine neue Dauerausstellung in Dachau oder die Sanierung des KZ-Friedhofs Leitenberg. Und für die dringend benötigten zusätzlichen Räume hat man jetzt doch ein Haus gefunden. Klingt irgendwie schon plausibler.

Mangelhafte Kommunikation

Aber wie dem auch sei, niemand muss sich wundern, dass Gerüchte kursieren - das liegt eben an einer Politik, der es an Transparenz und Kommunikation doch entscheidet mangelt.

Erklären lässt sich das nicht: Die Stadt Dachau wurde monatelang nicht darüber informiert, dass ihr Angebot zurückgewiesen wurde. Telefon, E-Mail, ein altmodischer Brief - Fehlanzeige. Zwar sitzt eine Vertreterin der Stiftung mit Vertretern der Stadt am Runden Tisch für Zeitgeschichte. Vielleicht war sie nicht da? Vielleicht wurde da unter dem Arbeitsdruck einfach etwas verschusselt. Offenbar redet man jedoch nicht miteinander, auch nicht mit der Lagergemeinschaft Dachau, die ein großes Interesse an der Erinnerung an die Toten des Konzentrationslagers hat, von den "Altlasten" aber auch nichts gehört hat. Gedenkpolitik betrifft die ganze Gesellschaft - nicht nur wegen des öffentlichen Grundstücks, um das es hier geht. Eine intransparente Erinnerungspolitik ist ein Widerspruch in sich selbst und führt bestimmt nicht zum erklärten Ziel der Aufklärung und Demokratieerziehung.

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