Kommentar:Die Kreispolitik muss reagieren

Die massiven Beschwerden der Pflegekräfte über ihre Arbeitsbedingungen an den Helioskliniken in Dachau und Indersdorf ist verständlich. Der Kreistag könnte sich dafür einsetzen, einen hauseigenen Pflegeschlüssel zu etablieren

Von Wolfgang Eitler

Die Ratlosigkeit der Kreispolitiker angesichts der massiven Beschwerden der Pflegekräfte über ihre Arbeitsbedingungen ist verständlich. Denn als Juniorpartner der Helios Amperkliniken AG Dachau kann die Kommunalpolitik nicht in das operative Geschäft des Unternehmens eingreifen. Außerdem ist der Pflegenotstand ein bundesweites Problem, das auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich im Fernsehen hilflos kommentierte. Die Fähigkeit, die fatalen Entscheidungen vor genau 20 Jahren grundlegend zu überdenken, ist in der Bundespolitik nicht gerade ausgeprägt. Dabei eigneten sich die Kliniken besonders für die Frage, ob Bereiche der Daseinsfürsorge rigoros den Gesetzen der Marktwirtschaft und des Profitstrebens unterworfen werden sollen? Deswegen geriet die Pflege in die Falle, nur noch ein Kostenfaktor zu sein. Deswegen wurde Arbeit unattraktiv.

Aber die Ratlosigkeit darf nicht dazu führen, dass die Kreispolitik sich aus den Problemen an den Kliniken von Helios in Markt Indersdorf und Dachau heraushält. Die fehlende Empathie der Unternehmensführung und der Konzernspitze von Helios in Berlin für ihre Belegschaft im Bereich der Pflege erklärt sich nicht aus dem bundesdeutschen Pflegenotstand. Er entspricht einem kalt-rationalisierten Weltbild, in dem es gerechtfertigt ist, dass der Einzelne von sich Tag für Tag die maximale Leistung und darüber hinaus abfordert. Deswegen kolportieren Helios-Mitarbeiter halb witzig, dass zwischen der Unternehmensführung und den Scientologen kein Unterschied bestehe.

Der Kreistag könnte also zumindest darüber debattieren, ob er seinen Anteil von 5,1 Prozent dafür einsetzt, um einen hauseigenen Pflegeschlüssel zu etablieren. Er müsste sich dazu durchringen, geschlossen und öffentlich dafür zu werben. Er könnte die Belegschaft und deren Vertreter anhören, um sich ein eigenes Bild zu verschaffen. Er könnte auch die Forderung überdenken, ob bei personellen Engpässen Klinikstationen für eine gewisse Zeit geschlossen werden, um die anderen personell besser ausstatten zu können. Die niedergelassenen Ärzte könnten beispielsweise das Wort erheben, um eine Atmosphäre des Zuhörens und der Empathie am Kliniken anzumahnen. Denn darum geht es: Um eine offene Diskussion zum Wohle der Patienten und Pflegekräfte.

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