Kommentar:Die Gemeinden sind an der Reihe

Mit der 10-H-Regelung wird die Energiewende mitsamt ihrer Konflikte auf die kommunale Ebene abgeschoben. Wenn die Gemeinden es richtig anpacken, kann das auch eine Chance sein

Von Viktoria Großmann

Das Urteil des bayerischen Verfassungsgerichtshofes kann man sich schwer schönreden. In dichter besiedelten Gebieten wie dem Landkreis Dachau macht die Bestätigung der 10-H-Abstandsregelung den Ausbau der Windkraft schlicht unmöglich. Das war es dann mit der Energiewende. Dass der Gerichtshof der Ansicht ist, dass mit der Regelung das Ziel verfolgt werde, "die Akzeptanz der Windkraft zu erhöhen", wie es das CSU-Blatt Bayernkurier schreibt, muss in den Ohren der Gesetzesgegner wie blanker Hohn klingen. Vielerorts werden die Bürger die Windräder nicht akzeptieren müssen, weil sie einfach nicht gebaut werden.

Doch die Regelung lässt Möglichkeiten offen: Die Kommunen dürfen weiterhin Windräder auf ihren Flächen aufstellen, wenn im Rathaus Konsens besteht. Der Freistaat hat es damit geschafft - nach etwa dem Ausbau von Krippenplätzen und der Unterbringung von Flüchtlingen - ein weiteres Thema auf die kommunale Ebene abzuschieben, das nun wirklich nicht dorthin gehört. Es macht das Thema Energiewende und Umweltschutz beinahe zum Privatthema wie etwa die Frage, ob man nun Elektroauto oder Diesel fährt. Jeder einzelne Gemeinderat in jedem noch so kleinen Dorf, muss sich die Frage stellen: Wie hältst du's mit dem Umweltschutz? Er wird, wenn er ein Windradbefürworter ist, die Bürger auf seine Seite bringen müssen. Umgekehrt müssen vielleicht engagierte Bürger den Gemeinderat überzeugen. Sollte es den Willen zum Windrad geben, gilt es das Nachbardorf ins Boot zu holen, das ja wieder auf 10 H verweisen könnte.

Natürlich bleibt in dieser Lage nur eine Lösung übrig: Nicht jammern, sondern die Chance zum Engagement annehmen. Einige Kommunalpolitiker im Landkreis haben bereits angedeutet, dass sie bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen. Eine Herausforderung wird es sicher. Das Verfahren des Landratsamtes im Falle der drei Erdweger Bürgerwindräder macht nicht gerade Mut, es gleich wieder zu versuchen. Andererseits müssen die Erdweger nicht das einzige Vorbild bleiben. Andere, auch Dachau, das in der Vergangenheit keine so rühmliche Rolle spielte, können die Diskussion voranbringen. Wie oft hat man schon die Gelegenheit, das ganz große Rad zu drehen?

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