Kommentar:Das Kartell der Gleichgültigen

Die Entscheidung über das Tierverbot auf dem Volksfest offenbart die Ignoranz mancher Stadträte

Von Helmut Zeller

Die Abstimmung über das Verbot des Ponyreitens auf dem Dachauer Volksfest ist es wert, genauer betrachtet zu werden, auch wenn es wichtigere Diskussionen im Stadtrat gibt. Denn fast hätte sich eine Mehrheit dafür gefunden, die Tierquälerei doch wieder zuzulassen. Der Fall zeigt, dass es Stadträte gibt, die allen wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Ignoranz begegnen - ganz zu schweigen davon, dass ihr ethisches Empfinden doch eher begrenzt erscheint. Man lernt es heute doch schon in der Grundschule: Pferde sind hoch entwickelte Lauf- und Fluchttiere, die auf Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen gequält werden. Deshalb ist laut Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes jeder Halter verpflichtet, die artgemäße Bewegung des Pferdes nicht einzuschränken. Warum FDP, Bürger für Dachau, Freie Wähler und CSU diese Erkenntnisse einfach verwerfen und auf das Gesetz pfeifen, bleibt ihr Geheimnis. Ebenso, dass sie sich auf eine fragwürdige Tradition berufen, die in der Vergangenheit empfindungsfähigen Lebewesen Leid verursachte, das leicht zu vermeiden ist. Was an einer Kampagne für das Tierwohl polemisch sein soll, erklärte CSU-Stadtrat Moll leider nicht.

Man will die Motive derjenigen, die dieser Tierquälerei gleichgültig gegenüberstehen, so genau gar nicht wissen. An der Angst vorm Wähler kann es nicht liegen, denn weitaus mehr als die 150 Unterzeichner des Bürgerantrags hatten das Verbot des Ponyreitens begrüßt. Es ist dem Oberbürgermeister, der SPD, den Grünen, dem Bündnis und der ÜB zu verdanken, dass Dachau mit einigen anderen Kommunen in Deutschland bei seiner Vorreiterrolle geblieben ist - und vor allem CSU-Sprecher Härtl. Wäre doch seine Fraktion, wenn sie schon intellektuell überfordert war, ihm einfach gefolgt. So aber bleibt für den Bürger eine bange Frage: Geht das Kartell der Gleichgültigen, das häufig gemeinsam stimmt, bei anderen Entscheidungen ebenso ignorant vor? Insofern war es dann doch eine ganz wichtige Diskussion, weil sich doch jeder dabei so schön entlarvt hat.

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