Kommentar:Alle haben verloren

Die großen Parteien haben keine Antwort auf den Erfolg der Rechtspopulisten gefunden. Das Ergebnis der AfD ist mehr als nur ein Warnzeichen

Von Helmut Zeller

Diese Landtagswahl markiert eine, auch für die Bundespolitik bedeutsame Etappe in der fortschreitenden Erosion der Volksparteien - und das drückt sich auch in den Wahlergebnissen im Landkreis Dachau, einst eine Hochburg der CSU, aus; auch in dem desaströsen Abschneiden der SPD. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat ihr Direktkandidat und Bildungsexperte Martin Güll den Wiedereinzug ins Parlament verpasst. Das bedauert sogar die CSU, der Güll in den vergangenen zehn Jahren ziemlich zugesetzt hat. Sein mutmaßliches Ausscheiden aus der Politik ist ein Verlust für Bayern und den Landkreis Dachau, denn für die Sachkompetenz des ehemaligen Schulleiters, seine Leidenschaft für die Bildungspolitik lässt sich, gleich in welcher Partei, nur schwerlich Ersatz finden.

Der Absturz der CSU ist auch im Landkreis den Machtkämpfen der Landespartei mit Berlin und dem innerparteilichen Streit geschuldet, auch einer Politik der Hetze, die Parteichef Seehofer und Ministerpräsident Söder bis kurz vor der Wahl befeuerten - das führte zum Verlust vieler Wählerstimmen, gerade auch von Stammwählern des liberalen Flügels der Partei, an die Grünen. Darunter litt auch der Direktkandidat, Landtagsabgeordneter und Gesundheitsexperte Bernhard Seidenath. 10 000 Neubürger in einem zunehmend urbaneren Landkreis hat die CSU nicht überzeugt. Dabei ist Seidenath einer, der die Erneuerung der Partei mittragen würde. Doch kann die CSU ihren Untergang - trotz allen Geredes von der nach wie vor stärksten Partei in Bayern und im Landkreis - aufhalten? Die parteiinternen Kritiker konnten sich bisher auch nicht durchsetzen. "Man wird weiter wurschteln wie bisher", sagt einer.

Der CSU fällt nun eine Koalition mit den Freien Wählern ein, deren gutes Abschneiden die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel freut, wie sie am Wahlabend dem BR sagte. Grünen-Kandidat Thomas Kreß hat einen triumphalen Erfolg eingefahren; der Stadtrat ist ein verdienter Kommunalpolitiker, profitierte aber vor allem vom Landestrend. Unklar blieb bis zum Abend, ob der AfD-Kandidat es schafft. Klar ist, die demokratischen Parteien haben eine Antwort auf den Erfolg der Rechtspopulisten bei der Bundestagswahl 2017 versäumt - somit haben alle verloren. Neun Prozent für die AfD, das ist nicht mehr nur ein Warnzeichen für die nächsten Wahlen.

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