Klinikum Dachau:Aktion Saubere Hände

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Immer wieder fangen sich Patienten in Krankenhäusern gefährliche Keime ein. Das Klinikum Dachau versucht mit einem ausgefeiltem Hygieneprogramm, das Problem in den Griff zu bekommen.

Sophie Burfeind

Macht mich ein Krankenhausaufenthalt erst richtig krank? Diese Frage geistert zurzeit wohl so einigen Menschen durch den Kopf. Denkt man nur an die Bremer Frühchenstation, die nun wegen des Todes zweier Neugeborener an resistenten Darmkeimen geschlossen werden musste. Doch nicht nur in Bremen - bundesweit geraten Kliniken wegen mangelnder Hygiene zunehmend in die Kritik. So erkranken nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) zwischen 500 000 und einer Million Patienten in Deutschland jährlich an Infektionen, die sie im Krankenhaus erworben haben.

Marion Meyer (links) und Annett Sonntag am Demonstrationskoffer. Schwarzlicht zeigt Schwachstellen der Händedesinfektion: Dunkle Flecken zeigen die Stellen, die vom Desinfektionsmittel nicht erreicht wurden. (Foto: © joergensen.com)

Krankenhaushygiene ist sehr wichtig, aber nicht alle Infektionen können verhindert werden", gibt Michael Weber, Chefarzt am Klinikum Dachau, zu bedenken: "Eine Menge Leute bringen die Keime schon mit." Schwierig bis unmöglich sei es, herauszufinden, ob die Krankheit nosokomial ist, also tatsächlich im Krankenhaus erworben wurde. Nach der bundesweit geltenden Definition des Robert-Koch-Instituts (RKI) gelten Infektionskrankheiten als nosokomial, wenn sie 72 Stunden nach Aufnahme in der Klinik auftreten.

Um das Krankwerden im Krankenhaus dennoch so gut wie möglich zu verhindern, ist das Thema Hygiene in der Amperklinik seit einigen Jahren von zentraler Bedeutung. Das Dachauer Krankenhaus ist eine von 1000 Kliniken in Deutschland, die sich freiwillig am Überwachungssystem für Krankenhausinfektionen (KISS) beteiligen, das von einem Nationalen Referenzzentrum (NRZ) koordiniert wird. Per Internet melden die teilnehmenden Kliniken eine Infektion und deren Umstände.

Im Haus ist eine ganze Abteilung für die Krankenhaushygiene zuständig, mit zahlreichen Fachärzten und -kräften für die verschiedenen Stationen. Drei der Hygienebeauftragten sind dafür verantwortlich, die ordnungsgemäße Umsetzung der Hygienemaßnahmen zu kontrollieren. "Wir sind täglich unterwegs im Haus, schauen uns Räume und die Patienten an und überprüfen, ob sich das Personal an die Hygienevorschriften hält und wenn nicht, machen wir sie darauf aufmerksam", berichtet die Hygienebeauftragte Marion Meyer. Vorgegeben werden die Regeln zur Hygiene vom RKI. Seit August 2008 nimmt die Klinik zudem an der Aktion "Saubere Hände" teil, die in ganz Deutschland vorgenommen wird. Alle Stationen beteiligen sich daran, mit dem Ziel, die Desinfektion zu verbessern. Wie man sich die Hände richtig wäscht, ist in einer für alle Mitglieder verpflichtenden Hygienerichtlinie genauestens beschrieben und kann an eigens dafür konstruierten Apparaturen geübt werden. Die Aktion zeigt Wirkung: Der Verbrauch des Händedesinfektionsmittels ist seitdem um 67 Prozent gestiegen.

Besonders wichtig beim Thema Hygiene aber sind Präventivmaßnahmen gegen die Verbreitung multiresistenter Keime wie MRSA. Unter diese Sammelbezeichnung fasst man Bakterien zusammen, die Abwehrmechanismen gegen eine Vielzahl von Antibiotika entwickelt haben. Und die nehmen in Deutschland mit einem überdurchschnittlichen Anstieg von etwa sechs Prozent pro Jahr (European Antimicrobial Resistance Surveillance Study) zu; nur Großbritannien hat ähnliche WerteSchuld daran sei der leichtfertige Umgang mit Antibiotika, die nicht nur zu oft, sondern häufig auch in falscher Dosierung, eingesetzt würden, wie häufig kritisiert wird. Dadurch können multiresistente Bakterienstämme entstehen. Hauptverantwortlicher ist laut Chefarzt Michael Weber allerdings nicht die Medizin: "Das größte Problem ist die Viehzucht. Da werden viel zu viel Antibiotika eingesetzt und die resistenten Keime häufig schon mit der Nahrung aufgenommen."

So kann die Amperklinik bei den Untersuchungen auf MRSA, die bei der Aufnahme immunschwacher Patienten vorgenommen werden, auch feststellen, dass mehr als 90 Prozent der MRSA-Patienten den Keim mitbringen - wobei eine Besiedlung keinesfalls mit einer gefährlichen Erkrankung gleichzusetzen ist. Die Betroffenen werden mit der Aufnahme isoliert behandelt; das Zimmer wird nach Verlassen des Patienten gereinigt und desinfiziert. Zudem konnte die Anzahl der Antibiotika-Verordnungen durch einen gezielteren Einsatz in der Klinik um 30 Prozent reduziert werden.

Wie alle Krankenhäuser wird die Amperklinik regelmäßigen Untersuchungen unterzogen, die sie in einem alljährlich erscheinenden Qualitätsbericht dokumentieren muss. Auch das Gesundheitsamt Dachau kommt regelmäßig vorbei: "In puncto Hygiene macht sie einen sehr guten Eindruck", sagt Hans Bergemann, Leiter des Gesundheitsamts. "In der Amperklinik wird Hygiene nämlich nicht als lästiges Übel, sondern als nützliches Mittel zum Patientenschutz empfunden."

© SZ vom 05.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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