Klimaschutz:Karlsfelder wünschen sich mehr grüne Energie

Klimaschutz: Was steckt hinter dem Klimaschutzkonzept der Gemeinde Karlsfeld? Das erklärten Projektmanagerin Miranda Thiele, Bürgermeister Stefan Kolbe und Klimaschutzmanagerin Franziska Reitzenstein bei einem Workshop.

Was steckt hinter dem Klimaschutzkonzept der Gemeinde Karlsfeld? Das erklärten Projektmanagerin Miranda Thiele, Bürgermeister Stefan Kolbe und Klimaschutzmanagerin Franziska Reitzenstein bei einem Workshop.

(Foto: Toni Heigl)

Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen bundesweit gegenüber 1990 um 65 Prozent sinken. Auch die Gemeinde Karlsfeld will klimafreundlicher werden und arbeitet an einem Klimaschutzkonzept. Bei einem Workshop bringen auch höchstmotivierte Bürger ihre Ideen ein.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Die Stellwand füllte sich mit grünen Zetteln. Auf einen hatte Hans Eller "Abwärme von Handwerksbetrieben nutzen" geschrieben. Die Abwärme von energieintensiven Bäckereien in Karlsfeld könnte weiter genutzt werden, schlug der 63-Jährige vor. Neben ihm saß eine Handvoll höchst motivierter Karlsfelder, die sich beim Klimaschutz-Workshop im Bürgerhaus am Montagabend überlegten, wie ihre Gemeinde klimafreundlicher werden kann. Eller ist überzeugt, dass der Klimaschutz "eines der wichtigsten Themen in unser Gesellschaft ist". Wenn man das ignoriere, "zerstören wir unsere eigene Lebensgrundlage", sagte er.

Hintergrund für den Bürgerworkshop war, dass die Gemeinde ein Klimaschutzkonzept erstellt, aus dem konkrete Maßnahmen entstehen sollen. Darum kümmert sich Klimaschutzmanagerin Franziska Reitzenstein, die seit rund einem Jahr im Rathaus arbeitet und die ersten Schritte für das Konzept angestoßen hat: Das Institut für nachhaltige Energieversorgung (INEV) hat bereits eine Energie- und Treibhausgasbilanz für Karlsfeld erstellt, die Projektmanagerin Miranda Thiele den rund 35 Bürgern vorstellte. Sie berichtete, dass die meisten CO₂-Treibhausgase in Karlsfeld mit etwa 38 Prozent durch private Haushalte verursacht werden, den zweitgrößten Anteil nimmt der Verkehr mit rund 35 Prozent ein, darauf folgt die Industrie mit etwa 14 Prozent.

Auf einer Präsentationsfolie zeigte sie dazu die Erfordernisse des Pariser Klimaschutzabkommens, die Treibhausgas-Emissionen zu senken. Von den Zielen sei man aber noch weit entfernt: "Wir können das nicht so weiterlaufen lassen", so Thiele. Bis 2030 habe sich der Bund vorgenommen, die Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent zu senken. Deshalb seien nun die Ideen der Karlsfelderinnen gefragt. An den vier Stellwänden zu "Energie", "Klimagerechte Gemeindeentwicklung", "Mobilität" sowie "Beratung, Bildung und Teilhabe" rauchten die Köpfe der Kleingruppen. Thiele sagte: "Es sind alle Ideen erlaubt, egal ob ganz banal oder utopisch". Am Ende des Workshops priorisierten die Bürger ihre Ideen und klebten fünf rote Punkte auf die Klimaschutz-Ideen, die ihnen am wichtigsten erschienen.

Klimaschutz: Von den CO2-Einsparungszielen des Pariser Klimaschutzabkommens sei man noch weit entfernt, erklärte Thiele mit einer Präsentationsfolie.

Von den CO2-Einsparungszielen des Pariser Klimaschutzabkommens sei man noch weit entfernt, erklärte Thiele mit einer Präsentationsfolie.

(Foto: Toni Heigl)

Mobilität

Seit Jahrzehnten ist der Verkehr ein großes Thema in Karlsfeld, unter anderem die B304, das Nadelöhr des Pendlerverkehrs nach München: Dafür wünschte sich die 61-jährige Kathrin Platsch eine bessere Situation für Fahrradfahrer: Die Münchner Straße solle nur noch zwei Spuren haben und auf beiden Seiten einen Radweg. "Das ist radikal, aber ja", sagte sie. Hans-Jürgen Reichlmeier wohnt in der Gartenstraße, dort gebe es viele Stopp-Schilder, die den Verkehrsfluss verschlechtern. Der 81-Jährige kritisierte: "Es gibt einige Auspuffterroristen, die dort im ersten Gang richtig aufdrehen." Beim Thema Mobilität wurden folgende Ideen von den Bürgern als am wichtigsten eingestuft: "Fahrradtunnel bauen", "Fahrradwege B304 verbessern", "fahrrad- und fußgängerfreundliche Ampelschaltungen" und "Carsharing mit mehreren kleinen Stationen".

Klimagerechte Gemeindeentwicklung

Auch einige Karlsfelder Gemeinderäte tummelten sich unter den Workshop-Teilnehmern, an der Stellwand zur "klimagerechten Gemeindeentwicklung" schlug SPD-Gemeinderätin Venera Sansone vor im geplanten Anna-Quartier einen "Bürgerpark als grüne Lunge" zu installieren, CSU-Rätin Ursula Weber pinnte einen Zettel mit "Mehr Bäume pflanzen" daneben. Und der Fraktionsvorsitzende des Bündnis für Karlsfeld Peter Neumann wollte Häuslebauer dazu verpflichten, Photovoltaikanlagen auf ihre Dächer zu bauen; das sollte man im Bebauungsplan festlegen. Diese Vorschläge kamen am besten an: "Tramverlängerung von Moosach nach Karlsfeld", "Grünzüge erhalten", "Baumschutzsatzung schaffen" und "Pflichtfrage in Verwaltungsprozessen: Ans Klima gedacht?".

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(Foto: Toni Heigl)
Klimaschutz: Sie wünschten sich unter anderem mehr Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden und eine Beratung, wo die PV-Anlagen eingesetzt werden können.

Sie wünschten sich unter anderem mehr Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden und eine Beratung, wo die PV-Anlagen eingesetzt werden können.

(Foto: Marijan Murat/picture alliance/dpa)
Klimaschutz: Zwar habe die Gemeinde bereits ein Biomasseheizkraftwerk, in dem Hackschnitzel verbrannt werden. Beim Thema Klimaschutz sei aber noch Luft nach oben, sagte Kolbe.

Zwar habe die Gemeinde bereits ein Biomasseheizkraftwerk, in dem Hackschnitzel verbrannt werden. Beim Thema Klimaschutz sei aber noch Luft nach oben, sagte Kolbe.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Energie

Im Karlsfelder Hallenbad wird bereits auf die Warmbadetage verzichtet, Marion Matura-Schwarz vom Bund Naturschutz schlug außerdem vor, eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zu installieren und zu prüfen, auf welchen öffentlichen Gebäuden noch Solaranlagen montiert werden könnten. Außerdem diskutierten Senioren an der Stellwand darüber, dass Karlsfeld eine Windenergie-Gemeinschaft gründen könnte, um ein Windrad zu bauen - etwa mit Bergkirchen oder Petershausen. "In Karlsfeld haben wir keinen Platz dafür", sagte Eller. Am wichtigsten erschien den Bürgern: Eine "Bürgerenergie-Genossenschaft, vor allem für Solarenergie" zu gründen, "Straßenbeleuchtung nachts dimmen" und ein "Förderprogramm für die Sanierung von Altbauten", für letzteres müsste aber der Bund sorgen.

Beratung, Bildung und Teilhabe

Auch im Bereich Bildung wurden Ideen vorgeschlagen, für die eher das Kultusministerium zuständig ist. Etwa sollte die "Energieversorgung als Lerninhalt" etabliert werden. Außerdem wünschten sich Bürger, dass die Gemeinde ein mobiles Energie-Beratungsteam einrichtet, das etwa samstags in der Neuen Mitte darüber aufklärt, wie man etwa einen Heizungsregler installiert. Am besten kamen folgende Vorschläge an: "Niederschwelliges Beratungsteam", "Repair-Café", "Soziale Medien im Rathaus etablieren" und "Beratung von Hausbesitzern/Gewerbe zu Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpe".

Nun wird Klimaschutzmanagerin Reitzenstein die Ideen priorisieren, anschließend würden sie im Gemeinderat diskutiert, sagte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Beim Thema Klimaschutz habe die Gemeinde mit einem Biomasseheizkraftwerk vorgelegt: "Wir haben schon einiges getan, aber wir könnten noch mehr tun." Das Klimaschutzkonzept der Gemeinde soll bis Ende Februar 2023 bei der Fördererstelle des Bundesumweltministeriums "Zukunft - Umwelt - Gesellschaft" eingereicht und spätestens im kommenden Sommer veröffentlicht werden.

Noch bis Ende Oktober können Bürger ihre Ideen für mehr Klimaschutz in Karlsfeld einbringen, unter www.ideenkarte.de/karlsfeld.

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