Kleine Moosschwaige:Zeit des Umbruchs

In der Kleinen Moosschwaige vollzieht sich gerade ein Generationenwechsel. Das spiegelt sich in den Atelierausstellungen wider, die dort am Wochenende stattfinden. Zwei weitere Malerinnen zeigen Bilder, die ebenfalls die Frage aufgreifen, was bleibt

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Am Wochenende öffnen die Ateliers der Kleinen Moosschwaige wieder ihre Türen für Kunstinteressierte und bieten einen Blick hinter die Kulissen zwischen Pinseln, Stiften und Farbklecksen an Wand und Fußboden. In diesem Jahr steht die Ausstellung jedoch unter dem Zeichen großer Veränderungen: Die Kleine Moosschwaige verlor in jüngster Zeit zwei ihrer Künstler: Thomas Vesely starb 2017, in diesem Jahr wurde auch die Malerin gigi nach schwerer Krankheit zu Grabe getragen. Während das Atelier von Vesely bereits wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist, bleibt das Atelier von gigi auf unbestimmte Zeit erhalten: Ihr Mann, Michael Schmetz, lebt weiterhin in dem Wohnatelier und möchte dieses zu einem künstlerischen und spirituellen Treffpunkt etablieren, ganz im Sinne gigis. Noch ist das Atelier allerdings ein Spiegelbild dessen, was die populäre Dachauer Künstlerin nach ihrem Ableben zurückließ. Auf dem Boden stehen Töpfe mit Malpinseln und Farbe, an den Wänden hängt eine Auswahl ihrer Werke. Er wolle in diesem Jahr keine Vernissage veranstalten, erklärt Schmetz, er öffne am Wochenende aber gerne die Türen für alle, die in Erinnerungen an gigi und ihre Kunst schwelgen möchten.

Zwei Türen weiter lädt Florian Marschall am Freitag, 30. November, zur Vernissage ein. Anlass zu angeregten Gesprächen bieten seine aktuellen Werke zur Genüge, sie animieren dazu, gemeinsam in die Erinnerung an alte Zeiten einzutauchen. An einer Wand hängen Stücke der Ausstellung "Heimatbilder", die Marschall vor kurzem in der KVD-Galerie präsentiert hat, zusätzlich einige bislang unveröffentlichte Werke der Serie. Tuschezeichnungen bilden prägende Momente und Persönlichkeiten der deutschen Zeitgeschichte ab. Von Heinz Strunk über Uschi Obermaier bis hin zu Paul Breitner und Gerd Müller, nach dem Endspiel von 1974 gemeinsam eine Zigarre rauchend. Daneben eine Zeichnung von der abgesperrten Oktoberfestwiese, die nach dem Attentat 1980 zum ersten und einzigen Mal geschlossen wurde. Oder eine Momentaufnahme aus Wackersdorf, daneben die berühmte Abbildung der Kommune 1. Im Gesamten verschmelzen die Werke zu einem Schnelldurchlauf durch die größten Schlagzeilen und prägendsten Bilder der vergangenen Jahrzehnte.

Kleine Moosschwaige: Michael Schmetz lädt ins Atelier seiner verstorbenen Frau gigi ein.

Michael Schmetz lädt ins Atelier seiner verstorbenen Frau gigi ein.

(Foto: Toni Heigl)

Gleichzeitig zeigen sich im Atelier die Veränderungen in Marschalls künstlerischem Schaffen selbst: An der Wand hängen drei Porträts in Schwarzweiß, die Serie trägt den Titel "Charakterköpfe". Rechts eine Zeichnung des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard, ein älteres Werk, gemalt mit weichen Linien und tupfenhafter Federführung. Daneben ein Portrait von Talkshow-Moderator Hermes Phettberg, bekannt aus den Neunzigerjahren. Ein neues Werk Marschalls, deutlich feiner, intensiver und detaillierter ausgeführt. "Über die Jahre hinweg sind es immer mehr Pünktchen geworden", erklärt der Künstler. Wer genau hinsieht, erkennt die Technik Marschalls in jedem seiner neueren Werke: Viele kleine, schwarze Punkte bilden das Gesamtwerk, ein paar Schritte vom Bild entfernt lassen sie sich einzeln Pünktchen gar nicht mehr ausmachen. Hier liege für ihn ein besonderer Reiz, erklärt der Künstler: Manch ein Betrachter erkenne gar nicht mehr, dass es sich bei diesen Werken um Zeichnungen handle.

Die Jahresausstellung wird dieses Mal von einem melancholischen Flair geprägt sein, die gemeinsame Erinnerung rückt in beiden Ateliers in den Mittelpunkt. Der Ausblick auf die kommenden Jahre ist ein anderer, weitere Veränderungen stehen bevor: Drei Dachauer Künstlerinnen werden im kommenden Jahr in die Kleine Moosschwaige einziehen. Claudia Flach in den unteren Teil des früheren Ateliers von Thomas Vesely, Karin Schuff und Margot Krottenthaler teilen sich den Raum im Obergeschoss. Gebhard Schmiedl belegt weiterhin seinen Raum. Zur diesjährigen Ausstellung soll sein Atelier jedoch geschlossen bleiben. Der Künstler ist vor kurzem 87 Jahre alt geworden.

Kleine Moosschwaige: Gerd Müller und Paul Breitner, gezeichnet von Florian Marschall, freuen sich schon auf die Besucher in der Kleinen Moosschwaige.

Gerd Müller und Paul Breitner, gezeichnet von Florian Marschall, freuen sich schon auf die Besucher in der Kleinen Moosschwaige.

(Foto: Toni Heigl)

Florian Marschalls Atelierausstellung wird am Freitag, 30. November, um 19 Uhr in der Kleinen Moosschwaige, Sankt-Peter-Straße 1, eröffnet. Öffnungszeiten am Samstag, 1. Dezember, und Sonntag 2. Dezember, von 14 bis 18 Uhr. Dieselben Öffnungszeiten gelten für die Ausstellung im benachbarten Atelier der verstorbenen Künstlerin gigi.

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