Süddeutsche Zeitung

Kläranlage Weichs:Katastrophe abgewendet

Als Verursacher der Umweltverschmutzung in der Weichser Kläranlage mit Heizöl steht ein Anlieger unter Verdacht

Von Benjamin Emonts, Weichs

Die drohende große Katastrophe im Fall der massiven Umweltverschmutzung in der Weichser Kläranlage ist offenbar abgewendet. Das Wasserwirtschaftsamt München teilte am Mittwoch mit, es bestehe nach jetzigem Stand keine Gefahr für Menschen und Tiere. Die Kläranlage könne in voraussichtlich ein bis zwei Wochen wieder "normal arbeiten". Am Samstag waren in der Ortschaft nach ersten Schätzungen mehr als 100 Liter Heizöl in die Kanalisation und weiter in die Kläranlage gelaufen. Noch bis zum Dienstag wurde befürchtet, das gesamte biologische System der Anlage könnte kollabieren - mit verheerenden Folgen für die Gemeinde.

Dieser großen Gefahr war man sich auch bewusst. Der Vorfall hatte am Samstag einen Großeinsatz von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Wasserwirtschaftsamt ausgelöst, nachdem der örtliche Klärwärter Rupert Nebl einen Ölfilm auf dem Wasser bemerkt und umgehend Alarm geschlagen hatte. Der Betrieb der Kläranlage wurde vorübergehend eingestellt, die Einsatzkräfte pumpten mehr als 8000 Liter verunreinigtes Wasser ab. Das schnelle Eingreifen, darin ist man sich einig, hat ein schlimmeres Ausmaß des Schadens verhindert. "Im Endeffekt sieht es so aus, als sei die Sache noch mal glimpflich verlaufen. Die Gemeinde hat sehr gut reagiert", sagte Christian Leeb vom Wasserwirtschaftsamt in München.

Involviert in dem Vorfall ist inzwischen auch die Polizei, bei der die Gemeinde Strafanzeige gegen "Unbekannt" erstattet hat. Sie nahm Ermittlungen auf und bat um sachdienliche Hinweise. Diese kamen jetzt auch. Unter Verdacht steht mittlerweile ein Weichser Anlieger, wie der stellvertretende Bürgermeister Martin Hofmann ebenfalls am Mittwoch mitteilte. Das Heizöl, so wird vermutet, könnte infolge einer Tankreinigung ins Kanalnetz gelangt sein. Dorfbewohner hatten am Wochenende einen starken Ölgeruch auf dem Anwesen des Anliegers wahrgenommen und darüber berichtet.

Nähere Angaben zu dem Verdächtigen will Hofmann nicht machen, da die Ermittlungen bereits liefen. Eine Absicht will er dem Anlieger nicht unterstellen, "diese Skrupellosigkeit traue ich ihm nicht zu." Vorwürfe macht Hofmann dem Anlieger dennoch: "Es handelte sich um eine so erhebliche Menge an Heizöl, dass das Auslaufen des Öls auffallen musste und sofort an die Behörden hätte gemeldet werden müssen." Unklar ist noch, wie das Vergehen verfolgt wird. Die Staatsanwaltschaft prüfe nach Auskunft der Gemeinde Weichs, ob ein Straftatbestand vorliegt. Die Gemeinde, so betont Hofmann, will den Schuldigen der Umweltverschmutzung für die entstandenen Kosten bezahlen sehen. Bislang seien "lediglich" Kosten für den Großeinsatz und den Transport des Impfschlamms aufgelaufen. Beziffern könne er die Summe nicht.

Die Folgen des Vorfalls waren trotz der Sofortmaßnahmen zunächst kaum abzusehen. Es war zu befürchten, dass das Heizöl weiter in die angrenzende Glonn fließen könnte. Die Bakterien im Klärwerk, die das Wasser auf biologischem Weg reinigen sollen, hätten dabei komplett zerstört werden können, was die gesamte Anlage zum "Kippen" gebracht hätte. Im schlimmsten Fall, so Hofmann, hätte die Gemeinde das Klärwerk vom Kanalnetz trennen müssen. Mit Hilfe von Pumpfahrzeugen hätte man das Abwasser zu benachbarten Kläranlagen transportiert - mit erheblichen finanziellen Folgen.

Bei Untersuchungen der Glonn wurden nun keine Rückstände von Heizöl im Gewässer festgestellt, nachdem die Feuerwehr erfolgreich Ölsperren installiert hatte. Die so wichtigen Bakterien in der Kläranlage müssen sich noch erholen, wie eine Untersuchung im Labor der Dachauer Kläranlage gezeigt hat. Die Mikroorganismen, so beschreibt es Hofmann, lebten zwar, aber lägen noch "wie im Koma". Helfen soll ihnen nun sogenannter Impfschlamm, sprich gesunder Schlamm mit gesunden Bakterien, der aus den benachbarten Anlagen in Hilgertshausen und Vierkirchen angeliefert wird.

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SZ vom 09.07.2020
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