Kirche Mariä Himmelfahrt:Beseelt vom Geist der Weihnacht

Kirche Mariä Himmelfahrt: Mit schwungvollem Spiel begeistert das Consorzio Brassivo.

Mit schwungvollem Spiel begeistert das Consorzio Brassivo.

(Foto: Toni Heigl)

Der Dachauer Kammerchor gibt ein herausragendes Konzert

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Die Engländer haben ihre "Twelve Nights of Christmas" - ihre zwölf Weihnachtsnächte - mit ausufernden Trinkgelagen. In alpinen Regionen begeht man die mysteriösen Raunächte jenseits touristischer Verkitschung. Die Große Kreisstadt hat ihren Dachauer Kammerchor, der am Samstag in der vollbesetzen Kirche Mariä Himmelfahrt ein Weihnachtskonzert voller ruhiger, meditativer Momente sang. Für das obligate Jauchzen und Frohlocken, aber auch für neue Töne war das Blechbläserquintett Consorzio Brassivo zuständig. Beide Ensembles boten eine im Wortsinn gute Stunde mit alten und modernen Weisen, die sich vorzüglich ergänzten.

Das "Gloria in excelsis Deo" des norwegischen Komponisten Knut Nystedt (1915-2014) sangen die knapp 30 Mitwirkenden des Kammerchors unter der Leitung von Kirchenmusiker Rainer Dietz mit glasklaren Stimmen - ohne jeden Pomp, fast so, als stünden sie in der Eismeerkathedrale von Tromsø. Hugo Distlers (1908-1942) Bearbeitung des "Es ist ein Ros entsprungen" aus dessen "Weihnachtsgeschichte" war die stimmige Fortsetzung und eine gelungene Überleitung zu einem fabelhaften Intermezzo von Consorzio Brassivo: Samuel Arthur Gossners (geb. 1995) "Brass Quintett No. 1" brachte groovigen Jazz ins Gotteshaus. Das schwungvolle Spiel der bestens aufgelegten Blechbläser nahm "That warm feeling" des amerikanischen Jazzmusikers Sam Nestico (geb. 1924) vorweg. In der Bearbeitung von Marcus Compostella, Posaunist bei Consorzio Brassivo, spielten die fünf Herren wahrhaft herzerwärmend und wurden geradezu poetisch bei Compostellas Eigenkomposition "Intermezzo lyrico". Dem hätte man gerne noch länger zugehört, doch glücklicherweise fand der Kammerchor die rechte Fortsetzung dieses Gedichts ohne Worte mit Max Regers (1873-1916) "Schlafe mein Kindelein". Dieses innige Wiegenlied sang der Chor wie beseelt vom Geist der Weihnacht. Das galt auch für die alten Lieder, die die Geburt Christi und deren wundersame Umstände preisen, wie "Vom Himmel hoch", "Zu Bethlehem geboren" oder "Kommet, ihr Hirten".

Consorzio Brassivo zeigte mit Edvard Griegs (1843 - 1907) "Ballade und Sarabande" dagegen, dass zu Weihnachten nicht nur Jubilieren angesagt ist. Bei diesem melancholischen Stück lag eine Ahnung von der Fortsetzung der Geschichte, von Leiden und Tod, in der Luft. Doch wer will in dieser festlichen Jahreszeit schon an die Zukunft denken? Das war beim unvergänglichen "Trumpet Tune" des britischen Barockgroßmeisters Henry Purcells (1659-1695) sowieso ein Ding der Unmöglichkeit. Das eher feierlich-getragene Spiel der Blechbläser ließ Freude pur aufkommen. Sie wurde noch gesteigert durch die Zugabe, die "Heilige Nacht" von Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814).

Warum? Das beschreibt am besten der Komponist Distler in einem Aufsatz aus dem Jahr 1935. Seinerzeit wurde Distler zwischen opportunistischer Naziregime-Treue und seiner Auffassung von zeitgemäßer Kirchenmusik fast zerrissen: "In der neuen deutschen Chormusik [...]gewinnt das Wort eine neue und höhere Leibhaftigkeit, da wird der Wortgestaltung und -bändigung mit Besessenheit nachgegangen." Das trifft auf den Dachauer Kammerchor und seinen Dirigenten Rainer Dietz auch im 20. Jahr des Bestehens zu. Wenn dazu noch Können, ungebremste Begeisterung für die Musik sowie die ebenso versierten wie leidenschaftlichen Musiker von Consorzio Brassivo hinzukommen, entsteht ein herausragendes Konzert.

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