Amtsgericht Dachau:"Hinter jedem dieser Bilder steht ein Kindesmissbrauch"

Amtsgericht Dachau: Rund 80 kinder- und jugendpornographische Dateien hat sich der Angeklagte heruntergeladen. Heute schäme er sich dafür, sagt der Dachauer vor Gericht.

Rund 80 kinder- und jugendpornographische Dateien hat sich der Angeklagte heruntergeladen. Heute schäme er sich dafür, sagt der Dachauer vor Gericht.

(Foto: imago stock&people/www.imago-images.de)

Die Opfer sind zum Teil erst drei Jahre alt: Ein 42-jähriger Dachauer hat sich Dateien heruntergeladen, in denen Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht werden. Deshalb muss er sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Von Anna Schwarz, Dachau

Über 20 Minuten lang werden Kinder und Jugendliche in den Videos vergewaltigt, die sich der Dachauer heruntergeladen hatte. Im April 2021 durchsucht die Kriminalpolizei sein Haus und stellte dabei einen PC, Laptops, Handys und ein Tablet sicher: Darauf befanden sich rund 80 kinder- und jugendpornografische Fotos und Videos. Deshalb musste sich der 42-Jährige am Montag vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten. Er bekam eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung.

"Es waren wirklich üble Dateien"

Auf der Anklagebank trug er einen schwarzen Anzug, einen Ehering an der rechten Hand, immer wieder nickte er, als Staatsanwalt David Giercke die Anklage verlas. Dieser sprach von drei Fällen zwischen 2018 und 2020, bei denen der Angeklagte etwa den Messengerdienst "Kik" genutzt habe, um sich von anderen Usern Kinderpornos schicken zu lassen. Und "es waren wirklich üble Dateien", urteilte später Richterin Cornelia Handl: nicht nur Nacktbilder von Kindern, sondern vor allem Fotos und Videos, die den schweren sexuellen Missbrauch an Schutzbefohlenen zeigen. Unter den Opfern sind ein Mädchen mit drei Jahren und ein Junge im Grundschulalter, so der Staatsanwalt. Die Ermittlungen gegen den Dachauer begannen, nachdem Polizisten in Gütersloh und Halle die Wohnungen von zwei Chatpartnern des Angeklagten untersuchten, die ihm Kinderpornos geschickt hatten.

Vor Gericht legte der Dachauer ein umfassendes Geständnis ab: Die Hausdurchsuchung sei das "einschneidendste Erlebnis" in seinem Leben gewesen und habe bei ihm und in seiner Ehe Spuren hinterlassen, sagte der technische Redakteur. Er räumte die Taten ein und entschuldigte sich immer wieder dafür, dass er dazu beigetragen habe, "das Leid der Personen weiterzuverbreiten", konkret meinte er damit wohl die Kinder und Jugendlichen, die für die Fotos und Videos sexuell missbraucht wurden.

"Was mit den Kindern passiert ist, finde ich ekelerregend und abstoßend"

In seinem Beruf sei er oft überlastet und habe zuhause "irgendeine Art von Ablenkung gebraucht", so der Angeklagte: "Was richtig oder falsch ist, habe ich dabei ausgeblendet." Außerdem fügte er hinzu: "Was mit den Kindern passiert ist, finde ich ekelerregend und abstoßend." Er empfinde Reue und Scham, dass er sich die Dateien beschafft habe. Zwei Monate nach der Hausdurchsuchung habe er sich deshalb in psychotherapeutische Behandlung begeben, rund 20 Sitzungen habe er hinter sich, rund zehn stehen ihm noch bevor.

Dass sich der Dachauer schnell psychologische Hilfe gesucht hat, hielten ihm auch Richterin und Staatsanwalt zugute. Außerdem habe er sich schuldeinsichtig gezeigt, und seine erste Straftat liege bereits vier Jahre zurück, so der Staatsanwalt. Gleichzeitig müsse man sich bewusst sein, dass hinter jedem dieser Bilder und Videos "ein Missbrauch von einem Kind oder Jugendlichen steht". Wer sich diese Dateien herunterlade, halte die Industrie von Kindesmissbrauch am Laufen.

Er forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung für den Angeklagten "der fest im Leben steht und sozial eingebunden ist", dass er die Verfahrenskosten trägt und ein Monatsgehalt von 4000 Euro an den Kinderschutzbund überweist. Verteidiger Andreas Korres plädierte für eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen, unter anderem, weil auf den Geräten seines Mandaten nicht "tausende Dateien gefunden" worden seien.

Kindesmissbrauch hat Langzeitfolgen

Richterin Handl verhängte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die sie auf Bewährung aussetzte. Zugunsten des Angeklagten sprach für sie, dass er noch nicht vorbestraft ist und sofort damit einverstanden war, dass er die elektrischen Geräte mit den Kinderpornos nicht mehr wiederbekommt. Zu Lasten legte ihm die Richterin, dass die Dateien schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zeigen. Dennoch habe der Dachauer "eine günstige Sozialprognose", dass er solche Straftaten nicht wieder begehe, so Handl. Außerdem trägt er die Verfahrenskosten und muss 4000 Euro an den Verein Amyna überweisen, der sich für den Schutz von Mädchen und Jungen vor sexueller Gewalt einsetzt.

Denn wenn Kinder sexuell missbraucht werden, kann das gravierende Folgen haben: Sie ziehen sich zurück, verlieren an Selbstwertgefühl, entwickeln posttraumatische Belastungsstörungen wie Ohnmachtsanfälle bis hin zu "Langzeitfolgen wie Essstörungen, Drogenabhängigkeit, Alkoholsucht, psychosomatische Erkrankungen oder Suizidgefährdung", schreibt der Kinderschutzbund Bayern auf seiner Website.

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