Süddeutsche Zeitung

Kinderbetreuung:Neue Kita dank Planungshoheit

Die Stadt untersagt einem neuen Eigentümer bauliche Änderungen

Von Julia Putzger, Dachau

Schon jetzt und vor allem mit Blick auf das prognostizierte massive Bevölkerungswachstum fehlen in der Stadt Kinderbetreuungsplätze. Der Wille, diese zu schaffen ist da - doch Mangelware sind geeignete Gebäude oder Grundstücke. Ein Glück also, dass die städtischen Mitarbeiter ein passendes Objekt fanden, das sogar seinen Eigentümer wechseln sollte: Das knapp 2500 Quadratmeter große Grundstück in der Schleißheimer Straße 45 samt Wohn- und Geschäftshaus und Rückgebäude. Doch bei der Versteigerung erhielt nicht die Stadt den Zuschlag, sondern ein privater Dritter. Von ihrem Plan will die Stadt aber dennoch nicht ablassen: Mittels einer Veränderungssperre will man von der Planungshoheit Gebrauch machen. Der neue Eigentümer soll sozusagen zu seinem Glück gezwungen werden.

Im Bau- und Planungsausschuss, wo bereits Anfang Juni erstmals über den Erlass der Veränderungssperre abgestimmt worden war, war die Meinung über dieses Vorgehen zweigeteilt. Allen voran die CSU-Fraktion wetterte gegen diese Herangehensweise der Stadt: "Das ist ein Eingriff in Privateigentum, den wir nicht mittragen können", stellte Gertrud Schmidt-Podolsky schon im Juni klar. Bei der jüngsten Ausschusssitzung legte sie nach: Ihrer Fraktion sei zugetragen worden, dass die Stadt nicht einmal mitgeboten habe. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) entgegnete darauf nur, dass der Preis über dem Budget gelegen habe, den die Stadträte zum Kauf des Objekts freigegeben hatten, weshalb man nicht mitbieten habe können. Doch damit gab sich August Haas (CSU) nicht zufrieden: Die Stadt habe nicht nur zum Ende nicht mitbieten können, sie habe auch kein Anfangsgebot gemacht, "um dem jetzigen Eigentümer wenigstens ihr Interesse zu signalisieren".

Mit sechs Gegenstimmen der Fraktionen von CSU, ÜB/FDP und Freie Wähler Dachau/BfD beschlossen die Stadträte dennoch das Inkrafttreten der Veränderungssperre. Diese ist vorerst zwei Jahre gültig und kann dann um maximal zwei Jahre verlängert werden. In dieser Zeit darf der Eigentümer, wie der Name Veränderungssperre schon sagt, keine wesentlichen baulichen Veränderungen am Objekt vornehmen. Gleichzeitig versucht die Stadt durch das Aufstellen eines Bebauungsplans die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung einer Kindertageseinrichtung mit sechs Gruppen zu schaffen. Außerdem soll die Grundstücksnutzung für den sozialen Wohnungsbau festgeschrieben werden. Entgegen aller Vermutungen seien erste Vorgespräche mit dem neuen Eigentümer laut Verwaltungsmitarbeitern "sehr konstruktiv" verlaufen.

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Quelle:
SZ vom 23.07.2021
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