Skandal um Wilke-Wurst:Landratsamt Dachau gibt Entwarnung

Wursthersteller Wilke

Ein Firmen-LKW-Anhänger steht auf dem Werksgelände des inzwischen insolventen nordhessischen Wurstherstellers Wilke.

(Foto: dpa)

Die mit gefährlichen Keimen belastete Ware wurde auch an Gastronomiebetriebe, Altenheime, Bäckereien und Privatpersonen im Landkreis Dachau ausgeliefert. Krankheitsfälle sind bislang nicht bekannt.

Von Lina Brückner und Helmut Zeller, Dachau

Die mit Keimen belasteten Wurstwaren aus Hessen sind in großem Umfang auch in den Landkreis geliefert worden: in 40 Gastronomiebetriebe, Altenheime und Bäckereien. Sie haben, wie das Landratsamt Dachau bestätigt, Wurstwaren der Firma Wilke über verschiedene Zwischenhändler erhalten. Doch das Ausmaß ist noch größer: Zusätzlich bezogen 40 weitere, zum Teil Privatpersonen, Wurstwaren über einen Großhandelsmarkt für Gewerbetreibende, Selbstständige, Freiberufler und Vereine in München. In den Wurstwaren des hessischen Herstellers wurden gefährliche Keime, sogenannte Listerien, nachgewiesen. Mittlerweile werden Wilkes Waren mit drei Todesfällen und mindestens 37 weiteren Krankheitsfällen in Deutschland in Verbindung gebracht.

Auch in München sollen tausend Betriebe betroffen sein. Im Landkreis ist es glücklicherweise noch zu keinem Todesfall oder einer Erkrankung durch mit Keimen belastete Wurstwaren gekommen, wie das Landratsamt mitteilt. Die Experten des Gesundheitsamtes sehen keine Gefahr mehr, dass Menschen im Dachauer Land durch den Verzehr der Wurstwaren erkranken könnten.

Inzwischen sollen alle belastete Waren zurückgerufen worden sein. Informiert wurde die Lebensmittelüberwachung des Landratsamtes am 2. Oktober von der Regierung von Oberbayern: um 18.34 Uhr telefonisch, eine Stunde später per E-Mail. Die Lebensmittelkontrolleure, so ein Sprecher, seien daraufhin sofort tätig geworden. In welchen Läden Wilkes Wurstwaren in der Stadt und in den Gemeinden des Landkreises verkauft wurden, gibt das Landratsamt nicht öffentlich bekannt, auch die Namen der einzelnen Betriebe werden nicht genannt.

Der Lebensmittelskandal um den Wursthersteller Wilke wurde durch Kontrollen in der Fabrik um den 30. September herum aufgedeckt. Dabei stießen die Kontrolleure auf völlig vergammeltes Fleisch, Schimmel und Gestank in den Betriebsräumen. Der Betrieb mit 200 Mitarbeitern wurde geschlossen, der Geschäftsführer der fahrlässigen Tötung angeklagt. Die Firma hat gegen die Betriebsschließung geklagt, ist aber vor Gericht gescheitert. Die Liste der Produkte wurde immer länger.

Der schwedische Einrichtungskonzern IKEA war betroffen, schließlich kamen auch belastete fleischlose Produkte hinzu. Aldi hat einen Rückruf für Toast in mehreren Bundesländern gestartet. Neben den Fleisch- und Wurstprodukten wurden auch vegetarische und vegane Lebensmittel zurückgerufen, wie Aufschnittvarianten und Aufstriche mit Pilzen oder Kräutern. Auch 187 Kitas in Hamburg waren betroffen: Dort bekamen die Kinder Wilke-Wurst zum Frühstück serviert.

Problematisch ist, dass nicht alle Wilke-Waren auf dem Etikett als solche erkennbar sind. Die Verbraucher werden gebeten, zu prüfen, ob ihre Lebensmittel aus der Produktion der Firma stammen. Wolfgang Reichelt, Medienbeauftragter des Landratsamtes Dachau, gibt Kunden, die eine Fertigpackung erworben und vorrätig halten folgenden Tipp: Sie könnten eine Herkunft aus dem Betrieb Wilke anhand eines Zeichens auf der Verpackung erkennen: DE EV 203 EG.

Die Kunden im Landkreis müssen laut Landratsamt nicht mehr besorgt sein: "In der Gastronomie ist der Betreiber im Rahmen seiner Eigenkontrollen verpflichtet, betroffene Wurstwaren nicht mehr zu verwenden - sämtlich Betriebe wurden schriftlich von ihren Lieferanten informiert", teilt Reichelt mit. Die Rückruf-Aktionen stehen unter der Leitung der Aufsichtsbehörden. Die Lebensmittelüberwachung im Landkreis Dachau überprüft die entsprechenden Betriebe regelmäßig. Der Behörde zufolge erhalten alle registrierten Lebensmittelbetriebe unangekündigte Kontrollbesuche, bei denen auch Proben der Produkte für die weitere Untersuchung im Labor entnommen würden.

Listerien sind gefährliche Keime, an denen vor allem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem erkranken, sogar sterben können. Die drei Todesopfer aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt sollen "direkt" oder "indirekt" an der Listeriose verstorben sein, wie das hessische Verbraucherschutzministerium bekanntgegeben hat. Das Robert-Koch-Institut (RKI) berichtet im Epidemologischen Bulletin Nr. 41 von mindestens 37 Erkrankungsfällen aus den Jahren 2014 bis 2019. Die Dunkelziffer soll aber noch viel höher liegen.

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