Karlsfelder Buchhandlung "Blätterwerk":Auftanken in der Leseoase

Buchhandlung Blätterwerk

Literarische Buchhandlungen, in denen man noch wie früher in die Lektüre hineinschmökern und sich beraten lassen kann, gibt es im Landkreis kaum noch. Außer in Karlsfeld, wo Gabriele Grim schon im zehnten Jahr ihr "Blätterwerk" betreibt - und das mit Erfolg.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Vor neun Jahren stieg die gelernte Industriekauffrau Gabriele Grim in ein Metier ein, das keine Zukunft mehr zu haben schien. Doch ihre Buchhandlung "Blätterwerk" in Karlsfeld floriert und erfreut sich inzwischen auch als Treffpunkt großer Beliebtheit

Von Selina Hilpert, Karlsfeld

Gabriele Grim, stolze Inhaberin des Buchladens "Blätterwerk", empfängt ihre Kunden so freundlich, wie sich auch ihr Laden präsentiert: Helles, zartes Licht fällt durch die großzügigen Fensterfronten. Vor neun Jahren Jahren hat sie die alteingesessenen Sirius-Buchhandlung in Karlsfeld übernommen. Nichts erinnert heute mehr an die enge, dunkle Einrichtung des Vorgängers. In bequemen Sesseln am Fenster nimmt man Platz, um in die neuesten Bücher hinein zu schmökern. Ob Krimi, Kinderbuch oder Lifestyle-Ratgeber: Hier lässt sich eine schöne Auszeit vom Alltag nehmen. Und wer kurz von seiner Lektüre aufblickt, kann draußen vorm Fenster das quirlige Treiben beobachten. Ladenhüter sind in den Bücherwänden nicht zu finden, sie machen den zeitgemäßen Titeln Platz, die die Kunden lesen und verschenken möchten. Alle anderen lieferbaren Bücher können meist auf den nächsten Tag bestellt werden. Ergänzt wird das Sortiment durch Non-Book-Artikel wie schöne Papiere, Schreibutensilien und besonderes Geschirr.

Nachdem ihre beiden Töchter - heute sind sie schon 21 und 19 Jahre alt - in den Kindergarten kamen, war für die gelernte Industriekauffrau Gabriele Grim eines klar: Sie wollte sich beruflich noch einmal verändern. Zuletzt in der Werbebranche tätig, hielt sie nichts mehr vom Schreibtisch-Job und begann 2004 ihr Studium der Sozialen Arbeit. Die Fachliteratur bezog sie über die damalige Buchhandlung Sirius. Durch ihre regelmäßigen Besuche erfuhr Grim von den Schließungsplänen und fasste nach acht Studiensemestern den spontanen Entschluss, die Buchhandlung selbst weiterzuführen. Ihre Familie stärkte ihr den Rücken. Und so legte Gabriele Grim los: Finanzierung, Mietvertrag und Personalplanung und Einarbeitung in eine völlig neue Branche. Marktführende Buchauslieferungen versorgten die Neubuchhändlerin mit allen nötigen Informationen zum Buchhandelswesen. Die Waren bezog sie über eine Branchengenossenschaft.

Bei der Erstbestückung erhielt Grim tatkräftige Unterstützung einer Bekannten, die in der alten Buchhandlung tätig gewesen war, und wusste, was die Kunden in Karlsfeld nachfragen. Die ersten Hürden waren genommen. Doch nun galt es, den gewerblichen Mietvertrag über zehn Jahre zu unterzeichnen und das in einer Zeit, in der das Internet das Sterben der Buchhandlungen bereits besiegelt zu haben schien. "Für mich kam immer nur der Erhalt der Buchhandlung an dieser Stelle, in diesem Laden in Frage", sagt die traditionsbewusste Unternehmerin. "Hier wissen die Karlsfelder: Dort gibt es Bücher!" Grim ließ sich nicht von negativen Zahlen beirren. Sie folgte ihrem Bauchgefühl und ihrem wirtschaftlichen Verstand.

Heute ist die 48-Jährige froh über die langjährige Mietbindung, die sie eingegangen ist. Der Laden hat berufliche Kontinuität in ihr Leben gebracht, und zuversichtlich blickt sie auf ihr zehntes Geschäftsjahr. Die Karlsfelder Kunden haben den optisch veränderten Buchladen sofort angenommen, zwei 450-Euro-Kräfte unterstützten Grim vom ersten Öffnungstag an. "Ich hatte immer Glück mit meinem Personal." Gerade in der Anfangszeit, als die Kinder noch in die Grundschule gingen, hielten sie ihr den Rücken frei.

"Eine Buchhandlung ist auch immer ein sozialer Anlaufpunkt", sagt Gabriele Grim: Oft reden sich Kunden auch mal das ein oder anderer Wehwehchen von der Seele, während sie nach Ratgebern für die unterschiedlichsten Lebenssituationen suchen. Und auch wenn ein Kunde mal nicht fündig wird - die Gespräche, das Miteinander in Karlsfeld, die Nähe zu ihren Kunden, das ist für die Buchhändlerin unbezahlbar. Die meisten Leute, die zu ihr kommen, kennt Grim persönlich. Und weil man sich in Karlsfeld eben kennt, haben auch alle Verständnis für die einwöchige Schließung nach Neujahr und die zweiwöchige Sommerpause im August. So bleibt immer noch genug Zeit für die Familie und die beiden Töchter. Die Ältere studiert Ethnologie, ihre Schwester hat ein Jahr als Au-Pair in London verbracht.

Große wirtschaftliche Unterstützung erhält das "Blätterwerk" durch die Karlsfelder Schulen, die hier ihre Bücher bestellen. Im Gegenzug überreicht Gabriele Grim jedes Jahr den Erstklässlern eine "Lesetüte" bestückt mit einer Erstlektüre für Leseanfänger. Darüber hinaus empfängt sie rund um den "Welttag des Buches" im April bis zu 15 Schulklassen. Den Kontakt zu den jungen Lesern sieht die Buchhändlerin als beste Werbung für ihren Laden, aber auch für das Lesen.

Für erwachsene Leseratten bietet die Buchhandlung einen offenen Lesekreis an. Alle vier bis sechs Wochen am Mittwochabend findet er statt, dabei wird eine vorher verabredete Lektüre besprochen. "Die Atmosphäre ist völlig ungezwungen", sagt Gabriele Grim. "Jeder Interessierte darf gerne vorbei kommen." Sie selbst ist auch oft mit von der Partie, natürlich. "Ich bin einfach gerne hier."

Die Buchhandlung "Blätterwerk" in Karlsfeld, Rathausstraße 75, hat geöffnet am Montag, Dienstag und Donnerstag 9 bis 12.30 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr, am Mittwoch: 9 bis 12.30 Uhr, Freitag durchgehend von 9 bis 18 und samstags 9 bis 13 Uhr.

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