Karlsfeld hat die höchsten Durchschnittsmieten im Landkreis Dachau – und wegen der stetig steigenden Mietpreise kommt es hier auch zu immer mehr Wohnungsnotfällen. Die Gemeinde will nun präventiv vorgehen, um Bürgerinnen und Bürger vor Wohnungskündigungen zu schützen. Bereits im April hatte sich der Hauptausschuss über einen möglichen Beitritt zur Fachstelle Wohnen der Caritas Dachau informiert. In der jüngsten Sitzung ging es um eine eventuelle Kooperation mit der Stadt Dachau. Am Ende stimmte der Ausschuss gegen zwei Stimmen aus der CSU-Fraktion dafür, eine Zusammenarbeit mit der Fachstelle Wohnen der Stadt Dachau anzustreben. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) erhielt den Auftrag, Verhandlungen mit der Stadt aufzunehmen.
Für die Kooperation mit der Caritas wären rund 69 000 Euro angefallen, deshalb entschied der Ausschuss vor einem halben Jahr, noch einmal in den Fraktionen darüber zu beraten. In der Zwischenzeit sei die Stadt Dachau auf die Gemeinde zugekommen und habe einen möglichen Zusammenschluss mit ihrer Fachstelle angeboten, erklärte Sarah Kothai, Leiterin des Einwohnermelde- und Wohnungsamts, im jüngsten Ausschuss. Ziele der Dachauer Einrichtung seien – wie bei der Caritas auch – „die nachhaltige Sicherung bedrohter Mietverhältnisse sowie die Vermeidung von Räumungsklagen und Zwangsräumungen“, so Kothai. Es soll verhindert werden, dass Karlsfelderinnen und Karlsfelder überhaupt ihre Wohnung verlieren und obdachlos werden.
Bei der Suche nach neuem Wohnraum unterstützt die Fachstelle nicht
Der Leistungsumfang würde sich aus präventiven Maßnahmen und sozialpädagogischer Unterstützung zusammensetzen, dazu kämen laut Kothai psychosoziale Beratung sowie Vermittlung zu anderen sozialen Einrichtungen, aber auch Notfallhilfen. Als Beispiel nannte sie die Weiterleitung an Stellen, wo finanzielle Hilfen wie Notfallfonds oder Mietzuschüsse beantragt werden können. Was nicht geleistet werde, sei „die Nachsorge sowie die Unterstützung bei der Suche von neuem Wohnraum oder die Unterstützung bereits wohnungsloser Haushalte“. Insgesamt sehe das Dachauer Angebot einen Personaleinsatz von zehn Wochenstunden vor, Kothai könnte sich hier zwei Sprechzeiten pro Woche vorstellen. Die Kosten würden bei knapp 29 000 Euro liegen.
Janine Rößler-Huras (Grüne) beklagte, dass die Nachsorge nicht im Konzept der Fachstelle enthalten sei. Sie halte diese jedoch für dringend notwendig. Da könne man eventuell nachsteuern, antwortete Kothai, aber betonte, dass die Dachauer Fachstelle dies nicht übernehme. Ursula Weber (CSU) zeigte sich skeptisch, weil keine Beratung vor Ort vorgesehen sei. Auf die Frage, ob hier nachgebessert werden könnte, sagte Bürgermeister Kolbe, dass man das regeln werde, wenn die Kooperation beschlossen sei.
„Für mich ist das eine moralische Pflichtaufgabe“
Heike Miebach (Grüne) wies darauf hin, dass das Dachauer Angebot deutlich billiger sei als jenes der Caritas. Und CSU-Gemeinderat Rüdiger Meyer erinnerte daran, dass in der Vergangenheit auch schon eine Teilzeitstelle für diese Aufgabe im Gespräch war und fragte nach, was diese kosten würde. Kolbe antwortete darauf, dass man für eine neue Mitarbeiterin keine Räumlichkeit habe. Marco Brandstetter (Bündnis für Karlsfeld) verwies darauf, dass eine Teilzeitkraft bei Krankheit schlicht ausfallen würde, während beim Dachauer Angebot Ersatz vorhanden wäre. Er sprach sich klar für das Angebot aus: „Wenn wir jetzt 29 000 Euro investieren, dann brauchen wir die 40 000 bis 60 000 Euro nicht, die wir sonst bei Obdachlosigkeit ausgeben müssten. Für mich ist das eine moralische Pflichtaufgabe.“
29 000 Euro seien „ein Haufen Geld“, entgegnete Stefan Handl (CSU), der es „als Vorfestlegung für den Haushalt 2025“ sehen würde, den Beschluss jetzt schon zu fassen. Er plädierte stattdessen dafür, das Thema erst in den Haushaltsberatungen zu diskutieren. Kolbe sagte, er habe kein Problem mit einer Vertagung auf Januar. Adrian Heim (Bündnis) hingegen forderte, die Sache „nicht wieder auf die lange Bank zu schieben“. Im Übrigen fühle er sich gegenüber der Caritas unwohl, „wie wenn ich mich im Fachhandel beraten ließ, um dann bei Amazon zu bestellen“. Rößler-Huras wollte „lieber heute entscheiden, weil die Notlage sehr drängend ist“. Beate Full (SPD) sagte, es sei „egal, ob wir es jetzt oder bei den Haushaltsberatungen entscheiden. Denn wenn wir’s streichen, kostet uns Wohnungslosigkeit noch viel mehr“.
Leiser Widerspruch kam dazu vom Bürgermeister. Kolbe sagte: „Wir versuchen schon, dass so wenig wie möglich an der Gemeinde hängenbleibt“, man arbeite schließlich in Fällen, in denen Obdachlosigkeit droht, mit Jobcenter und Sozialamt des Landkreises zusammen. Er plädierte zuletzt dafür, sofort eine Grundsatzentscheidung über die Kooperation mit der Dachauer Fachstelle zu fällen und ihn zu beauftragen, den entsprechenden Vertrag mit der Stadt auszuhandeln. Gegen zwei Stimmen folgte der Ausschuss Kolbes Vorschlag.