Karlsfeld:Wirbelnder Tüll, klimpernde Pailletten

Beim Herbstball des TSV Karlsfeld messen sich tanzbegeisterte Paare aus der ganzen Region im Turnier.

Von Veronika Königer, Karlsfeld

Robert Thanhäuser sitzt am Tisch Nummer vier im Festsaal des Büirgerhauses Karlsfeld, vor ihm liegt die einsatzbereite Kamera. Zwei Stunden sind er und Manuela Strasser von Pocking bei Passau nach Karlsfeld gefahren, alles nur für den 31. Herbstball der Tanzsportabteilung des TSV Eintracht Karlsfeld. Genau genommen nicht wegen des Balls, sondern wegen des Tanzturniers der Klasse B in Latein, an dem ihre Kinder teilnehmen, Manuela Strassers Sohn Timo und Thanhäusers Tochter Tatjana. Seit drei Jahren tanzen die beiden 17- Jährigen zusammen Turniere, und Karlsfeld ist nicht der längste Weg, den sie mit ihren Eltern auf sich genommen haben: "Wir waren auch schon in Berlin", erzählt Tatjanas Vater stolz.

Bis das Turnier beginnt, müssen sie allerdings noch warten. Um 20 Uhr haben erst einmal andere Sportlerinnen ihren Auftritt: die 14 Mädchen der Leistungsturnergruppe des TSV. Saltos, Flickflacks, auf Händen laufen, all das sieht bei ihnen so einfach und schwungvoll aus. Die Zuschauer jubeln und applaudieren. Dass einige Turnerinnen schon trainieren, seit sie sechs sind, merkt man. Nicht nur an den großartigen Leistungen, sondern auch an diversen Bandagen um Knie und Knöchel. Der Sport fordert seinen Tribut.

Manche schauen lieber nur

Dann endlich ist die Stunde der Band gekommen: Mayas Music spielen auf zum ersten Walzer. Zuerst sind nur Beate Boll und ihr Partner auf der Fläche. Die Leiterin der Tanzsportabteilung ist in ihrem langen silbernen Paillettenkleid aus jeder Ecke des Festsaals gut zu erkennen, dann trauen sich weitere Paare, und bald ist der Festsaal ein wogendes Meer aus Samt und Satin in allen Farben, in lang und kurz, mit Glitzer oder Tüll. Die fliegenden Kleider lenken von manchen Taktunreinheiten ab. Einige nicht so Tanzbegeisterte sitzen noch an den herbstlich geschmückten Tischen. Manuela Strasser versucht sich auch lieber an den Steinpilzen vom herbstlichen Steirer-Menü als am Tanzen.

Auf den Wettkampf des Nachwuchses müssen die beiden weit Gereisten nun nicht mehr länger warten: Die Paare räumen die Tanzfläche für die Turnierleiterin, Kordula Pfau, die die Teilnehmer aufruft. Ein Raunen erhebt sich im Publikum, als die Tänzer in den Saal kommen. Glitzernde Kleider, hohe Schuhe, enge Anzüge mit weiten V-Ausschnitten und Strasssteinen prägen das Bild. Kordula Pfau begrüßt die sieben Teilnehmerpaare mit Namen und Startnummern. Wegen Nachwuchsmangels ist niemand aus Karlsfeld dabei.

Die besten Tänzer kommen aus Augsburg

Zwei Runden gibt es, mit je fünf Tänzen. Es tanzen nicht immer alle Paare gleichzeitig, sondern erst vier von ihnen, dann die restlichen drei: So fällt es den fünf Wertungsrichtern leichter, eine faire Entscheidung zu fällen. Die ersten vier Startnummern werden für eine Samba auf die Fläche gerufen, Manuela Strasser und Robert Thanhäuser springen auf, die Kameras in der Hand. Tatjana trägt ein rotes Kleid, rückenfrei, ihr Partner Timo einen tiefen V-Ausschnitt. Die Band spielt die ersten Takte, die Tänzer zeigen ihr Können mit verschiedensten Figuren, mal getrennt, mal zusammen, mal schnell und temperamentvoll, dann wieder langsam und mit genau ausgeführten komplizierten Fußfolgen. Das Publikum ist begeistert, klatscht mit, einige Anfeuerungsrufe erklingen, ein Zuschauer murmelt verblüfft: "Die tanzen ja keinen einzigen Grundschritt!" Dann endlich die Ergebnisse: Timo und Tatjana sind in der Endrunde. Zwar kommen sechs der sieben Paare ins Finale, trotzdem ist es eine große Leistung: Mit ihren 17 Jahren sind sie die jüngsten Teilnehmer.

Am Ende fällt eine eindeutige Entscheidung: Florian Kruger und Miriam Lüder, die beiden Augsburger, haben gewonnen. Lauter Jubel begleitet die kurzhaarige junge Frau in dem bunt glitzernden Kleid und ihren Partner mit dem Pferdeschwanz, als sie auf das Siegertreppchen steigen. Der Sieg war hart erkämpft: Vor dem Turnier haben die beiden fünf Mal in der Woche trainiert. Nicht einfach für Florian Kruger. Nebenbei macht er noch eine Ausbildung zum Physiotherapeuten. Seine Partnerin hat erst das Abitur gemacht und legt nun ein Jahr Pause ein - zum Tanzen. Das Turnier in Karlsfeld hat den beiden gut gefallen: "Die Turnierleiterin hat sich um uns gekümmert wie eine Mutter", sagt Miriam Lüder. "So eine Fürsorge habe ich noch nie erlebt, das war wirklich nett."

Eintritt für einen guten Zweck

Tatjana Thanhäuser und Timo Strasser hatten nicht so viel Glück, haarscharf sind sie an der Platzierung vorbeigerauscht. "Der vierte Platz ist immer ärgerlich", sagt Timo. "Wir brauchen noch vier Platzierungen, um in die höhere Klasse aufzusteigen, und heute wäre die Gelegenheit gewesen." Den Spaß am Herbstball lassen sie sich trotzdem nicht verderben: Als ihre Eltern sie für ein Gespräch aus der Garderobe holen, ziehen sie sich gerade ihre Abendkleidung an. "Wir wollen schon noch ein bisschen hier bleiben", sagt Tatjana ihrem Vater, der eigentlich schon den Heimweg nach Pocking antreten wollte.

So bekommen sie auch noch die Rede von Maria Hiechinger mit, der Leiterin der Krebsselbsthilfegruppe Karlsfeld. Sie bedankt sich für die Zusammenarbeit mit der Tanzsportabteilung. Ein Teil des Eintrittsgeldes geht nämlich an die Selbsthilfegruppe. Nach einigen Tanzrunden schlägt die Uhr zwölf für die Mitternachtsshow: Die Gruppe "Die Überflieger" zeigt ihr Können. Ganz dem Namen getreu zeigen die Tanzakrobaten abenteuerliche Hebefiguren und Choreografien. Das Publikum ist begeistert. Jubelnder Applaus und Pfiffe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: