Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Musik für den Frieden und die Seele

400 Menschen kommen zum Frühjahrskonzert des Vivaldi Orchesters Karlsfeld. Musikern sowie Zuhörern ist die Freude über die Rückkehr der Kultur nach zwei Jahren Pandemie deutlich anzumerken.

Von Renate Zauscher, Karlsfeld

Das Musizieren, Singen oder auch Hören von Musik gehören zu den wichtigsten Quellen menschlicher Lebensfreude. Wie sehr wir alle in den vergangenen zwei Jahren gemeinsames Musik-Erleben vermisst haben, wird gerade jetzt, in Zeiten gestrichener Corona-Beschränkungen, spürbar: Dann etwa, wenn wie am Samstagabend in Karlsfeld rund 400 Menschen zusammenkommen, um das Frühjahrskonzert des Vivaldi Orchesters Karlsfeld und des dazugehörenden Jugendorchesters live anzuhören. Bis kurz vor Konzertbeginn musste die Bestuhlung des Saals immer wieder aufgestockt werden, damit jeder einen Sitzplatz bekam.

Als fröhliche, unbeschwerte Rückkehr ins Musikgeschehen nach zwei von der Pandemie geprägten Jahren war das Frühjahrskonzert des Karlsfelder Zupforchesters geplant. Als man dann aber ab Februar endlich wieder zu gemeinsamen Proben zusammenkommen konnte, wurde schnell klar: An Unbeschwertheit ist angesichts der politischen Weltlage nicht mehr zu denken. Man entschied deshalb, statt nur den Frühling zu feiern, ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen: "Musik für den Frieden" wurde als Motto für das Konzert gewählt, bei dem man bei freiem Eintritt um eine Spende für "Save the Children" bitten wollte, eine Organisation, die sich weltweit für Kinder in Not und auf der Flucht einsetzt. "Musik verbindet die Menschen und sie gibt uns die Möglichkeit, unsere Gedanken und Wünsche musikalisch zum Ausdruck zu bringen", erklärte Reinhold Werstler, der Erste Vorsitzende des Orchester-Vereins, bei der Begrüßung der Gäste im Bürgerhaus. Vor diesem Hintergrund sei der Titel, den man für den Abend gewählt hatte, zu verstehen. 3150 Euro lagen am Ende im Spendenkörbchen.

Monika Fuchs-Warmhold wirkt so voller Elan, so voll mitreißendem Temperament

Eigentlich hätten die "Vivaldis" in Karlsfeld bereits 2020 allen Grund gehabt, groß zu feiern: Monika Fuchs-Warmhold, die Leiterin des Orchesters, hat es vor mehr als fünfzig Jahren gegründet und mit ihrem Musikstudio, das inzwischen in die Karlsfelder Musikschule integriert wurde, ungezählte junge Menschen zur Musik hingeführt und dabei auch die Freude am gemeinsamen Musizieren in der Gruppe vermittelt. Wie stark sie diese Freude auch selbst empfindet, lässt sich unmittelbar erleben, wenn man Fuchs-Warmhold beim Dirigieren zuschaut: Sie wirkt so voller Elan, so voll mitreißendem Temperament wie wohl auch damals schon, als sie als ganz junges Mädchen nach Karlsfeld kam und sich nach musikalischen Weggefährten umschaute.

Wie wichtig Fuchs-Warmhold die Aufgabe der musikalischen Jugendbildung ist, wurde auch beim Konzert am Samstag deutlich: Das Jugend-Orchester, bei dem diesmal die "Vivaldi-Mäuse" gemeinsam mit den "Vivaldi-Tigern" auftraten, eröffnete den Abend. Knapp zwanzig Mitglieder umfasst das Jugend-Orchester, Mädchen und überraschend viele Buben. Alle sind Gitarrenschülerinnen und -schüler, von denen die Jüngsten - Achtjährige - noch nie auf einer Bühne mit dabei waren. Sie waren mit sichtlichem Ernst bei der Sache, als sie vier Stücke, darunter den durchaus anspruchsvollen "April Song" von Ingo Brzoska oder "Narcotic" von Wolfgang Schrödl in einer Bearbeitung von Fuchs-Warmhold vortrugen. Vielleicht entscheidet sich der ein oder andere junge Gitarrist oder eines der Gitarre spielenden Mädchen später für die Mandoline: Mit ihr werden schließlich alle ersten und zweiten Stimmen in einem Zupforchester besetzt.

Es gab dieses Mal auch eine Gesangseinlage

Nach der Jugend stand das rund drei Dutzend Mitglieder umfassende "große" Orchester auf der Bühne, und schnell wurde, wie beim ersten Satz des "Concerto all unisono opus 2, Nr. 8 von Evaristo Felice Dall` Abaco (1675 - 1742)", deutlich, über welche Klangfülle und -vielfalt ein Zupforchester wie das der "Vivaldis" verfügen kann. Dass hier auf hohem Niveau musiziert wird, zeigten auch die nachfolgenden Programmteile: das Konzert in G-Dur von Johann Adolf Hasse (1699 - 1783) etwa, ein Satz aus dem "Mandolin Project" des 1970 geborenen Franzosen David Laheurte oder die Suite Nr. 6 von Hermann Ambrosius (1897 - 1983). Dass zur Feier des Lebens auch das Tanzen gehört, wurde spürbar beim Vortrag von vier Folklore-Stücken, darunter eine Hora aus Moldawien, " A Jiddischer Tants" aus Israel oder zwei südamerikanische Tanzmelodien.

Aber nicht nur instrumental wurde beim Frühjahrskonzert des Vivaldi Orchesters musiziert - es gab darüber hinaus eine Gesangseinlage: Christine Hupfauf trug zwei Lieder von Mozart mit den Titeln "Zufriedenheit" und "An die Zither" vor. Mit schöner, kraftvoller Stimme sang die Mezzosopranistin von der Freude an der Natur oder der Rolle, die die Musik als Form der Liebeserklärung spielen kann.

Mit einem Klassiker der Filmmusik, der Titelmelodie aus "The Good, the Bad and the Ugly" von Ennio Morricone (1928 - 2020) und schließlich einer spanischen Serenade als Zugabe endete das Konzert - unter großem Beifallsjubel der Besucher.

Eine gute Nachricht für alle Freunde des Karlsfelder Orchesters hatten schließlich noch Angelika Tausch und Ralf Hanrieder, die als Moderatoren durch den Abend geführt hatten: Das Jubiläumskonzert soll heuer unbedingt nachgeholt werden, und zwar als "Konzert für alle Sinne". "Das Konzept steht", sagt Tausch, der Termin am 22. Oktober stehe ebenfalls fest. Genaueres aber wolle man fürs erste noch nicht verraten.

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