Verkehr:Karlsfeld soll fahrradfreundlicher werden

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Mehr Radstreifen auf der Straße, mehr Fahrradständer: Karlsfeld will mehr für seine Radler tun. Doch wegen der Corona-Krise fehlt das Geld. (Foto: Toni Heigl)

Die Gemeinde arbeitet daran, das Radfahren sicherer und attraktiver zu machen. Mancherorts herrsche bislang Lebensgefahr, warnt SPD-Politiker Franz Trinkl.

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Förderung des Radverkehrs ist den Karlsfelder Kommunalpolitikern schon lange ein Anliegen. Vergangenen Herbst hatten sie beschlossen, der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) beizutreten. Doch dafür muss zunächst ein Fahrradkonzept erarbeitet werden. "Der erste Schritt war die Auftragsvergabe an einen Fachmann", erklärt Franz Trinkl (SPD). Ein anderer, ihn als Fahrradbeauftragten zu benennen. Trinkl ist sich bewusst, dass es in Karlsfeld viel zu tun gibt, um den Radverkehr zu etablieren. Und er ist voller Tatendrang. Eine erste Liste, was alles in Angriff genommen werden muss, hat er bereits erstellt. Sein Credo: "Wir müssen das Radfahren so angenehm wie möglich gestalten."

Die "gefühlte Sicherheit" in Karlsfeld verbessern

Für Trinkl bedeutet das vor allem mehr Sicherheit im Verkehr. Die Konsequenz sind natürlich mehr Radwege, mehr Schutzstreifen auf den Straßen, die von den Autofahrern nicht als Parkplätze missbraucht werden dürfen und Routen, auf denen Radler schnell und gefahrlos von A nach B kommen. Gerade für Pendler soll es gute Verbindungen zu den Nachbarkommunen geben. Ein großes Ärgernis in diesem Zusammenhang ist für Trinkl, dass die Fahrradstraße in Dachau-Süd (Josef-Effner-Straße) an der Stadtgrenze abrupt endet. "Die muss natürlich weitergeführt werden", sagt er. Die Radler würden jetzt über die alte Bayernwerkstraße zur neuen fahren. Doch die Route sei "lebensgefährlich", da viele Autofahrer hier einen Schleichweg sehen. Die Straße ist so eng, dass kaum zwei entgegenkommende Autos aneinander vorbei kommen und die Radler mit extrem geringem Abstand und relativ hoher Geschwindigkeit - dort ist 50 Stundenkilometer erlaubt - überholt würden. Noch dazu ist die Bankette aus Sand, an vielen Stellen auch löchrig und ausgewaschen. Radler, die dort hineingeraten, könnten leicht stürzen, so Trinkl. Aus seiner Sicht ist gerade dort dringender Handlungsbedarf. Denn die Strecke wird trotzdem von vielen als kürzeste Verbindung zwischen MAN und Dachau-Süd genutzt.

Wichtig ist dem Fahrradreferenten natürlich auch, die "gefühlte Sicherheit" zu verbessern. Nur wer das Fahrradfahren als bequemer und schneller empfindet, als das Auto aus der Garage zu holen, im Stau zu stehen und mühsam einen Parkplatz zu suchen, wird umsteigen. Im Journal K, dem Gemeindeblatt, will Trinkl deshalb eine Kampagne starten. Dort sollen die Regeln, auch im Hinblick auf die Änderungen in der Straßenverkehrsordnung, noch einmal ins Gedächtnis gerufen werden. So sollten Autofahrer mindestens eineinhalb Meter Abstand zum Fahrradfahrer halten. Ein wichtiger Punkt, wenn es um die gefühlte Sicherheit geht - gerade auf den relativ schmalen Siedlerstraßen aus den 1960er Jahren.

Außerdem soll noch einmal klargestellt werden, was viele Autofahrer offenbar nicht wissen: Radler dürfen auf der Straße fahren, selbst wenn auf dem Gehweg ein Schild angebracht ist "Fahrradfahrer frei". Aus eigener Erfahrung weiß der SPD-Gemeinderat, dass Autofahrer in diesen Fällen gerne hupen. "Sie sehen den Radler nur als Hindernis", klagt er. Ein weiterer Punkt auf seiner "langen Leidensliste". Von der Aufklärungskampagne erhofft sich der Fahrradreferent ein besseres Miteinander, vor allem aber mehr Geduld seitens der Autofahrer, weniger Geschimpfe aufeinander. "Man muss den Radler nicht unbedingt als Hindernis betrachten, man kann ihn doch auch als den sehen, der mir keinen Parkplatz wegnimmt", gibt Trinkl zu bedenken.

"Karlsfeld ist nicht so groß, flach, alles ist gut erreichbar - das sind beste Voraussetzungen, um Rad zu fahren." Und es würde den Verkehr im Ort enorm entlasten, so Trinkl. Deshalb lohne es sich, in die Radler zu investieren.

"Kein einziger Euro für den Radverkehr - das ist blamabel"

Ernüchtert ist der SPD-Gemeinderat jedoch, wenn er an das diesjährige Vorhaben denkt. Am Bahnhof sollten in großem Umfang Radständer hingebaut werden. Etwa eine Million Euro wollte Karlsfeld dafür in die Hand nehmen. Doch das Projekt ist nun auf Eis gelegt. Noch ist nicht abschätzbar, wie hart die Corona-Krise die Gemeinde treffen wird, deshalb wird vorerst nur für absolut notwendige Dinge Geld ausgegeben - die Fahrradständer gehören nicht dazu. "Das bedeutet, dieses Jahr wird kein einziger Euro für den Radverkehr ausgegeben. Das ist blamabel", klagt Trinkl. Dabei sei genau das "gut investiertes Geld".

Doch er will sich davon nicht entmutigen lassen. "Auf dem Ludl-Gelände werden sehr viele neue Radständer hinkommen - sogar mit Platz für Lastenräder und Ladestationen für E-Bikes", schwärmt er. Allerdings weiß Trinkl auch, dass an vielen anderen Stellen - nicht nur am Bahnhof - passable Ständer fehlen. Auch das wird sicher ins neue Radverkehrskonzept aufgenommen werden.

Dort sollen die Maßnahmen jedoch nicht festgeschrieben und die Umsetzung auf den St. Nimmerleinstag warten. "Ich möchte permanent Druck ausüben, damit all das, was nötig ist, realisiert wird", versichert Trinkl. Auch wenn die Finanzen der Gemeinde Karlsfeld nicht gerade rosig aussehen: "Sie stehen immer gegen alles", sagt Trinkl. "Aber im Vergleich zu Straßenbaumaßnahmen ist der Hebeleffekt pro Euro beim Radverkehr viel größer." Für einen Radweg reichten "gescheite Oberflächen", so Trinkl.

© SZ vom 07.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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