Süddeutsche Zeitung

Fußballmatch von Asylsuchenden:Sport integriert

Flüchtlinge aus Karlsfeld und Markt Schwaben bestreiten ein Spiel - eine willkommene Abwechslung für die Flüchtlinge.

Von Johannes Korsche, Karlsfeld

Seit ein paar Jahren bewirbt der Deutsche Fußballbund (DFB) die Integrationsleistung seines Sports. "DFB - más integración", heißt es am Ende eines Fernsehspots zur Fußball-EM 2008. Die Botschaft: Fußball integriert. Der Karlsfelder Helferkreis und der TSV Karlsfeld zeigen am Freitagnachmittag, wie dieser hohe Anspruch im Kleinen umgesetzt werden kann. Mit einem - wie es der Helferkreis angekündigt hatte - "afrikanischen Fußballereignis": Eine Mannschaft aus der Karlsfelder Traglufthalle spielt gegen in Markt Schwaben untergebrachte Asylsuchende. Die Fußballer kommen überwiegend aus dem Senegal. Das umkämpfte Spiel endet nach zwei Elfmetern, schnellen Kontern und vielen Höhepunkten mit 4:4.

Das Ergebnis des Spiels ist nicht das Wichtigste

Doch das Ergebnis ist nicht das Wichtigste an diesem Nachmittag. Viel wichtiger sei es aus der nervenaufreibenden Traglufthalle herauszukommen, erzählt Papa auf Englisch. Er ist 31, kommt aus dem Senegal und ist wie etwa 20 Karlsfelder zum Anfeuern da. Seit viereinhalb Monaten ist er im Landkreis untergebracht; erst in Dachau, inzwischen in Karlsfeld. Papa - "was weiß ich, was sich mein Papa dabei gedacht hat, als er mich Papa genannt hat" - spielt selbst lieber Basketball. Fußball ist nicht sein Ding, trotzdem "ist das Spiel für mich eine sehr gute Sache", sagt er. In der Traglufthalle sei er dauernd mit Nachdenken beschäftigt, ohne dass sich etwas ändere oder er etwas machen könne. Das Spiel ist willkommene Abwechslung.

Die Asylsuchenden, die in Karlsfeld untergebracht sind, hätten sich ein solches Spiel schon länger gewünscht und deswegen auch die Organisation weitgehend selbständig übernommen, sagt Toni Zenner vom Helferkreis. Unter den heutigen Gegnern aus Markt Schwaben sind für viele aus der Traglufthalle auch alte Bekannte dabei, aus der Zeit, als sie gemeinsam untergebracht waren, zum Beispiel in Bergkirchen. Das Freundschaftsspiel sei daher schnell zu einem "Prestigeduell" geworden, bilanziert Schiedsrichter Matthias Eisenkolb nach dem Spiel. Zwei Aktionen seien gelbwürdig gewesen, ansonsten aber alles im Rahmen, sagt der 19-Jährige. Den Grund für das teilweise sehr konsequente Einsteigen verrät Papa scherzhaft: "Ich habe gesagt, es gibt kein Abendessen, wenn wir gegen Markt Schwaben verlieren."

Die Asylsuchenden nehmen die unterschiedlichen Angebote des TSV an

"Da geht es ganz schön zur Sache", beobachtet auch Rolf Friedrichsen während des Spiels. Er ist Leiter der Turnabteilung im TSV und ebenfalls im Helferkreis aktiv. Der TSV habe versprochen, sich bei der Integration zu engagieren. "Es müssen daher auch Taten auf die Worte folgen." Friedrichsen erzählt, wie zahlreich die Asylsuchenden die unterschiedlichen Angebote des TSV annehmen, die Männer- und Frauengymnastik, Taekwondo und besonders Fußball.

Bis vor Kurzem trainierten bis zu sechs Senegalesen bei den Herrenmannschaften des TSV mit. "Jetzt beginnt die Vorbereitung auf die Rückrunde, da geht das schlecht", erklärt Hans Maiterth, Leiter der Fußballabteilung. Zum Ausgleich soll nun einmal die Woche ein Training für Flüchtlinge angeboten werden. Friedrichsen wünscht sich, dass es einige wieder in eine reguläre Herrenmannschaft des TSV schaffen. Denn "más integración" entsteht vor allem beim gemeinsamen Fußballspielen, auf einem Feld über Ländergrenzen hinweg.

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SZ vom 07.03.2016/sjan
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