Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Spiel ohne Grenzen

Wie der TSV Karlsfeld Flüchtlinge aus der Isolation holt und ihnen die Möglichkeit zur sportlichen Betätigung bietet

Über den TSV Eintracht haben schon viele Anschluss in Karlsfeld gefunden, Neubürger, Gastarbeiter - und wie es scheint nun auch Flüchtlinge. Vor vier Wochen haben Birgit Plösch vom Helferkreis Asyl und Rolf Friedrichsen, Turnabteilungsleiter beim TSV Eintracht Karlsfeld, die ersten neun Flüchtlinge aus der Traglufthalle abgeholt. Beim Männerfitness der Turnabteilung wurden die jungen Asylbewerber aus Pakistan und Senegal herzlich aufgenommen. Seitdem kommen sie regelmäßig, Woche für Woche, Mal sind es 18, mal nur elf, aber immer sind sie mit Begeisterung dabei. Die Trainer erläutern alle Übungen auf Englisch und Deutsch. Beim abschließenden Fußballspiel in der Halle bedarf es keiner langen Erklärungen mehr. Fußball kennt man überall.

Für die Flüchtlinge ist das Angebot des Sportvereins eine willkommene Abwechslung zum tristen Alltag in der Traglufthalle. Im November gab es dort schon mal einen Großeinsatz der Polizei, angeblich ausgelöst durch ein spontanes Fußballspiel, was der Sicherheitsdienst in der Unterkunft nicht dulden konnte. Die Angebote, die der TSV danach in der Traglufthalle ausgehängt hat, stoßen auf große Resonanz. Allein für die Teilnahme am Judotraining trugen sich in kurzer Zeit 28 Interessenten ein. Es kamen 22 Sportbegeisterte, die Taekwondo-Abteilung sprang ein und übernahm die Hälfte der Teilnehmer. Sonst wären es viel zu viele gewesen.

Inzwischen bieten mehrere TSV-Abteilungen Sport für Flüchtlinge an, darunter auch Badminton. Nach den Weihnachtsferien soll ein zusätzliches Gymnastikangebot der Turnabteilung folgen. Fußball und Leichtathletik werden zusätzlich in das Programm aufgenommen. Die Vereinsführung unterstützt dieses soziale Engagement, so gut es geht. "Da unsere Flüchtlinge erst seit kurzer Zeit in Karlsfeld sind, stecken unsere Aktivitäten auch noch in den Kinderschuhen", sagt Abteilungsleiter Rolf Friedrichsen. "Wir können heute noch nicht absehen, wie sich das Angebot und die Teilnahme weiter entwickeln werden."

Die Rahmenbedingungen sind nicht einfach. Der TSV kämpft seit Jahren mit Platzmangel, viele Abteilungen haben Aufnahmestopps verhängt. Selbst reguläre Mitglieder müssen Abstriche hinnehmen. Friedrichsen betont daher auch: "Das, was wir jetzt organisieren, ist so angelegt, dass unser momentanes Sportangebot für Mitglieder in keiner Weise zusätzlich eingeschränkt wird."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2799717
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.12.2015 / gsl
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.