Süddeutsche Zeitung

Gemeinderat Karlsfeld:Skaterpark liegt auf Eis

Zwei elfjährige Buben hatten den Karlsfelder Gemeinderat gebeten, eine neue Anlage am See errichten zu lassen. Mit Blick auf die klamme Finanzlage vertagt das Gremium eine Entscheidung

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Ob Karlsfeld einen neuen Skaterpark bekommt, ist noch offen. Die Gemeinderäte mussten in der jüngsten Hauptausschusssitzung schon heftig schlucken, als Landschaftsarchitekt Frank Karrer vom Büro Top Grün die neue Planung vorstellte. Im Januar hatten zwei elfjährige Buben die Herzen der Kommunalpolitiker erweicht, als sie im Gemeinderat um neue Rampen, Halfpipes, Querpipes und Rails baten, damit sie und ihre Freunde ganz ohne Gefahr ihrem Sport nachgehen können. Die beiden hatten sogar bei einer Firma einen Entwurf und ein Angebot für einen neuen Skaterpark eingeholt. Außerdem legten sie 240 Unterschriften von anderen Jugendlichen und deren Eltern vor, die den Wunsch der beiden unterstützen. Nach Auskunft der Jungen hätte die neue Anlage knapp 116 000 Euro kosten sollen. Doch inzwischen sind die Preise mächtig explodiert. Inklusive Planung muss die Gemeinde nun schon 415 000 Euro investieren, um das Projekt realisieren zu können. Finanzreferent Holger Linde (CSU) kündigte bereits sein Veto an.

Ein Skaterpark ist in Karlsfeld kein Novum. 1999 hatte die Gemeinde am See gleich neben dem Jugendhaus schon einmal einen. Doch vor drei Jahren musste dieser abgebaut werden, da die Anlage marode war. Seither gibt es keinen Treffpunkt mehr für Skater und BMXer. Noah und Robin, die beiden Elfjährigen, berichteten den Kommunalpolitikern, dass sie die Tiefgaragenausfahrt am Mediamarkt als Rampe nutzten. Doch das sei gefährlich, des Öfteren würden sie auch vertrieben.

Karrer zeigte den Mitgliedern des Hauptausschusses nun neue Skaterlandschaften. Doch bevor man mit den hölzernen Aufbauten überhaupt anfangen könne, müsse der Asphalt erneuert werden, sagte er. An mehreren Stellen hätten die Wurzeln alter Bäume die Deckschicht gehoben. Außerdem bildeten sich Pfützen, wenn es regne. So könnten die Skater nicht mit Fahrspaß dahingleiten, erklärte der Planer. Statt Asphalt könne man natürlich auch Beton verwenden, doch: "Das ist deutlich teurer - etwa 60 000 Euro mehr, hat aber Vorteile." Denn die Wahrscheinlichkeit, dass man bei Beton etwas ersetzen müsse, sei gering, so der Planer.

Radlständer und Bänke zum Ausruhen hatte Karrer in seinem Entwurf vorgesehen. Ebenso einen Weg zur Anlage von Norden und zum Schutz der Bahn empfahl er einen zwei Meter hohen Stahlgitterzaun um den Skatertreff herum zu errichten. "Vandalismus ist ein Problem", sagte er. "Auf dem Gelände ist schon mal ein Lagerfeuer gemacht worden. Man sieht das im Bestand." Am besten sei es die Anlage abzusperren, wenn sie nicht genutzt werde und den Schlüssel bei einem Verantwortlichen zu deponieren.

"Es ist schon traurig, dass wir uns um Vandalismus die meisten Sorgen machen müssen", sagte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Angesichts der stark gestiegenen Kosten schlug Vizebürgermeister Stefan Handl eine Errichtung in Modulbauweise vor, damit nicht die ganze Summe auf einmal fällig wird. Doch Karrer riet davon ab. "Billiger wird's dadurch nicht, weil nach einer gewissen Zeit wieder Angebote eingeholt werden müssen." Venera Sansone (SPD) hatte Angst, dass der Park langweilig werden könne, wenn nicht gleich mehrere Geräte da wären. Sie befürchtet, dass die Jugendlichen nur einmal und dann nicht wieder kommen. Die Geräte kosten rund 150 000 Euro, der Rest muss in die Instandsetzung des Platzes investiert werden. "Da macht die Modulbauweise keinen Sinn", winkte auch Adrian Heim (Bündnis) ab.

Zehn bis 15 Jahre würden die hölzernen Rampen etwa halten - bei entsprechender Wartung, erklärte Karrer. Angesichts des seit Monaten schwelenden Ärgers in der Neuen Mitte, wo sich viele Jugendliche nachmittags, manchmal auch abends sehr zum Verdruss der Anwohner treffen, "sollten wir etwas tun", forderte Heim. Auch Anton Flügel (Freie Wähler) plädierte dafür: "Wir müssen den Jugendlichen Raum geben, einen Platz schaffen."

Holger Linde mahnte indes, die Finanzen im Blick zu behalten. "Wir sind sehr knapp bei Kasse", sagte er. Es zeichneten sich schon neue Aufwendungen für die Kinderbetreuung ab. Zulagen für das Personal im öffentlichen Dienst müssten ab kommendem Jahr womöglich ebenfalls bezahlt werden, damit man endlich die dringend benötigten Fachkräfte einstellen könne, so Linde. Gleichzeitig mache sich jetzt schon die "abschwellende Konjunktur" bemerkbar. Durch den Schulneubau hat Karlsfeld Ende des Jahres 23 Millionen Euro Schulden. "Wir rasen mit wahnsinniger Geschwindigkeit in die Großverschuldung", warnte Linde. Deshalb könne er nicht zustimmen.

Man einigte sich schließlich, eine Entscheidung über den Bau des Skaterparks zu vertagen. "Wenn wir einen genaueren Überblick über die Finanzen haben" - also bei den Haushaltsberatungen, so Kolbe. Da könne man besser abwägen, weil man die gesamte Situation im Blick habe.

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SZ vom 03.12.2019
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