Die Planungen für ein Gewerbegebiet unmittelbar am Erholungsgelände Karlsfelder See stoßen jetzt doch auf massiven Widerstand. Beim Bürgergespräch des Bündnisses für Karlsfeld, das regelmäßig einmal monatlich stattfindet, hat sich am vergangenen Freitag aus den Reihen der Besucher eine Bürgerinitiative (BI) gebildet, die nicht nur einen anderen Standort für das geplante Gewerbegebiet favorisiert, sondern generell eine besser durchdachte Ortsentwicklung wünscht.
Zunächst einmal sammeln die Mitglieder Unterschriften für die Forderung, den Standort am Heizkraftwerk an der Münchner Straße noch einmal genauer zu überprüfen. Die Unterschriften wollen Antonie Müller und ihre Mitstreiter noch vor der Gemeinderatssitzung an diesem Donnerstag an Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) übergeben. Der Rathauschef hatte sich noch vor zwei Wochen gefreut, weil der Bund Naturschutz (BN) keine Einwände gegen das neue Gewerbegebiet erhob, das vor allem Karlsfelds größtem Arbeitgeber, der Kosmetikfirma Artdeco Expansionsmöglichkeiten bieten soll. Der BN hatte im vergangenen Jahr zu den entschiedensten Gegnern einer Gewerbegebietsausweisung im regionalen Grünzug unmittelbar an der Ortsgrenze zu Dachau gehört. Die damaligen Planungen waren im Dezember 2010 durch einen Bürgerentscheid zu Fall gebracht worden.
Doch Kolbes Freude war möglicherweise verfrüht. Er kenne die Initiative nicht und wisse nicht, "was das für Leute sind", sagte er zur Dachauer SZ. Insofern könne er sich über die Bürgerinitiative nicht äußern. Bedauernd erklärte er jedoch: "Es ist nur schade, das jetzt schon wieder mobil gemacht wird." Denn Karlsfeld steckt seit dem Wegzug des Stromversorgers Eon in einer finanziellen Klemme und möchte nun nicht auch noch den aktuell größten Gewerbesteuerzahler Artdeco verlieren. Um Bürgerprotesten vorzubeugen, hatte Kolbe daher eine Informationsveranstaltung über die Gewerbegebietsplanungen abgehalten, noch ehe das Vorhaben in den politischen Gremien, Bauausschuss und Gemeinderat, behandelt wurde.
Nun war es aber gerade der Verlauf der Bauausschuss-Sitzung vor knapp zwei Wochen ein Auslöser zur Gründung der Initiative. "Wir haben auf keinen Fall etwas gegen Artdeco", betonte Antonie Müller von der neu formierten BI. Karlsfeld brauche nun einmal die Gewerbesteuereinnahmen. Doch ist sie der Ansicht, dass andere Standorte als der Spitz zwischen Hoch- und Bajuwarenstraße nicht ausreichend geprüft worden seien, insbesondere nicht ein Areal am Biomasse-Heizkraftwerk. Diese Meinung vertritt auch das Bündnis für Karlsfeld, das es positiv fände, den Standort nahe der Münchner Straße noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Fraktionssprecherin Mechthild Hofner sieht allerdings wenig Chancen, dass der Vorstoß aufgegriffen wird. "Da müsste es schon ein Erdbeben in Karlsfeld geben."
Auf ein solches hofft offenbar die Bürgerinitiative, die sich nach Müllers Worten spontan am Rande des Bündnistreffens gebildet habe. "Wir müssen was tun, nicht nur meckern", sei die einhellige Meinung gewesen. Die Frage des Verkehrs hält die BI für nicht geklärt. Auch fürchte man, dass das Gewerbegebiet am Ende doch größer werden könnte als die vier Hektar, die jetzt ins Auge gefasst sind. Doch sei das geplante Gewerbegebiet nur aktueller Anlass. Man sei mit der Ortsentwicklung insgesamt unzufrieden, sagte Müller, etwa den Plänen für die Bebauung an der Münchner Straße.