Karlsfeld:"Die Kirche macht sich selbst kaputt"

Karlsfeld: Wenn es nach dem Erzbischöflichen Ordinariat geht, könnte das Pfarrzentrum St. Josef in fünf Jahren Geschichte sein.

Wenn es nach dem Erzbischöflichen Ordinariat geht, könnte das Pfarrzentrum St. Josef in fünf Jahren Geschichte sein.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Erzbischöfliche Ordinariat München will das Pfarrzentrum St. Josef in Karlsfeld in rund fünf Jahren abreißen lassen. Kirchenpfleger Franz Koppold will das verhindern und sucht jetzt selbst nach Lösungen, um die Sanierungskosten zu stemmen.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Kirchenpfleger Franz Koppold findet scharfe Worte für den Plan des Erzbischöflichen Ordinariats München, das Pfarrzentrum St. Josef in Karlsfeld in rund fünf Jahren abzureißen: "Damit wird eine ganz lebendige Kirchengemeinde totgemacht." Wie es mit dem Pfarrzentrum weitergeht, wurde am Mittwoch in der Pfarrkirche diskutiert, dazu kamen rund 200 Gemeindemitglieder sowie Vertreter des Ordinariats. Doch nach der Veranstaltung hat Koppold "nur relativ wenig Hoffnung", wie er am Telefon sagt.

Bereits seit Jahren steht fest, dass das Pfarrzentrum und Pfarrhaus saniert werden müssen. 2012 hatte das Ordinariat dafür schon einen Zuschuss von rund 3,4 Millionen versprochen - geschehen ist seitdem nichts. Inzwischen schätze das Ordinariat die Sanierungskosten auf rund fünf Millionen Euro und ziehe es deshalb vor, das Pfarrzentrum lieber gleich abzureißen, so Koppold. Auf Anfrage teilt das Ordinariat mit, dass sich die Rahmenbedingungen für Sanierungen und Neubauten im Erzbistum "aufgrund knapper werdender Finanzen einschneidend geändert" hätten, "so dass eine früher gegebene Zusage zur Generalsanierung von Pfarrhaus und Pfarrheim vonseiten des Ordinariats nicht realisiert werden kann". Grund dafür seien auch die geringer werdenden Kirchensteuereinnahmen.

Gegen diese Entscheidung formiert sich großer Widerstand unter den Gläubigen von St. Josef. Schließlich ist das Pfarrzentrum ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt: Angefangen bei Eltern-Kind-Gruppen, über den Frauenbund, den "Treffpunkt 60" und verschiedene Vereine. Wenn das Pfarrzentrum abgerissen werden würde, wäre das unter anderem für Senioren aus dem Betreuten Wohnen im Prinzenpark traurig, sie treffen sich gerne in St. Josef, sagt Koppold. "Mit ihren Rollatoren und Rollstühlen schaffen sie es gerade noch so mit Ach und Krach hierher." Nach dem Abriss des Pfarrzentrums schlägt das Ordinariat nun vor, dass Gläubige künftig das "große Pfarrheim" in St. Anna nutzen. Doch den rund zwei Kilometer längeren Weg dorthin würden viele Senioren nicht mehr schaffen, glaubt Koppold.

Karlsfeld: Ist verärgert über die Entscheidung des Ordinariats: Kirchenpfleger Franz Koppold.

Ist verärgert über die Entscheidung des Ordinariats: Kirchenpfleger Franz Koppold.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Sein Fazit: "Mit dieser Entscheidung macht sich die Kirche selbst kaputt." Denn auch junge Familien wohnen in der Nähe: "Man nimmt den Jungen ihre Heimat." Vom Ordinariat ist Koppold enttäuscht: "Die jammern nur immer, dass sie kein Geld haben." Nun will der Kirchenpfleger zur Gemeinde Karlsfeld und weiteren möglichen Investoren Kontakt aufnehmen, die das Pfarrzentrum für sich nutzen und dafür auch bezahlen können. Eine Überlegung sei etwa, dass eine Hortgruppe aus dem Kinderhaus St. Josef, die aktuell in einem Container unterbracht ist, in das Pfarrzentrum umzieht: "Aber das ist nur ein Lösungsvorschlag. Wem etwas anderes einfällt, kann sich gerne bei mir melden."

Die "letzte Hoffnung" sei, dass die Kosten für die Sanierung neu kalkuliert würden. Laut Koppold sind die fünf Millionen Euro zu hoch angesetzt: "Wir können das deutlich günstiger." Unter anderem müssten die Sanitär- und Heizungsanlagen im Pfarrzentrum erneuert und im Pfarrhaus Böden und Decken ausgetauscht werden. "Ich würde jetzt erstmal die Prioritäten abarbeiten", fordert Koppold. Wenn das Pfarrhaus renoviert werde, könnten die Wohnungen darin vermietet werden - denn ein Pfarrer residiert dort schon lange nicht mehr. Aus den Mieteinnahmen könnte man dann die weitere Sanierung finanzieren.

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