Süddeutsche Zeitung

Landkreis Dachau:Pizza und Politik

Bei der Demokratiewerkstatt im Jugendzentrum Karlsfeld wird in lockerer Atmosphäre über Aktionen und Veranstaltungen für die bevorstehenden Wahlen diskutiert - und wie man mit verschiedenen Parteien umgehen soll.

Von Carlotta Böttcher, Karlsfeld

Es ist Samstagnachmittag im Jugendhaus Karlsfeld. Doch statt Billard zu spielen oder Musik zu hören, diskutieren die Jugendlichen: über Politik und Demokratie. Die zehn Jungen und Mädchen sind einer Einladung des Kreisjugendrings (KJR) gefolgt, der zur diesjährigen Demokratiewerkstatt eingeladen hat. Anlass geben die anstehenden Wahlen; im Herbst werden der Bayerische Landtag und die Bezirksregierungen gewählt. Für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demokratiewerkstatt wird es das erste Mal sein, dass sie ihre Stimme abgeben dürfen - und damit sie am Ende ihr Kreuzchen richtig setzen, wollen sie sich auf diese Wahl so gut vorbereiten wie möglich.

Juliana Krolop hat die diesjährige Demokratiewerkstatt organisiert, sie ist pädagogische Mitarbeiterin des Kreisjugendrings (KJR). Es sei ihr, so sagt sie, wichtig, dass es diesen Austausch zwischen KJR und Jugendlichen gibt. Schließlich wüssten die Vertreterinnen und Vertreter der Jugend am besten, wie man Erstwählerinnen und -wähler erreicht, unterstützt und motiviert.

In der Vorstellungsrunde wird schnell klar, dass sich alle Anwesenden auch in ihrer Freizeit für Politik interessieren: Sie sind in den Jugendräten von Karlsfeld, Dachau, Bergkirchen oder im Kreisjugendring aktiv, rund ein Drittel ist Mitglied einer Parteijugendorganisation und der Großteil bezeichnet sich selbst mit amüsiertem Unterton als "links-grün-versifft". Krolop sagt: "Aus Erfahrung kommen die, die sich sowieso schon politisch engagieren."

"Gar nicht so einfach, bei der CSU etwas zu finden, was sie für die Jugend macht."

Anschließend wird besprochen, was genau der Landtag und die Bezirksregierungen machen, wer die Regierung stellt und welche Parteien es sonst noch so gibt. In Kleingruppen werden dann Themen gesammelt, die sie den verschiedenen Parteien zuordnen. Lukas Drexler vom Jugendrat Bergkirchen sagt: "Es ist gar nicht so einfach, bei der CSU etwas zu finden, was sie für die Jugend macht - also auch objektiv betrachtet!" Jakob Reisky vom Jugendrat Karlsfeld schließt an: "Bis 2045 will die SPD klimaneutral sein. Also, da sind sie so mäßig ambitioniert." Krolop mahnt, sie sollten die Themen der Parteien vorstellen und sie nicht werten.

Auch der Umgang mit extremen Äußerungen bei Veranstaltungen des KJR wird diskutiert: "Je extremer die politische Bühne wird, desto wichtiger ist es für uns klarzumachen, welche Haltung wir haben", sagt Stefanie Steinbauer, die pädagogische Leiterin für außerschulische Bildung im KJR Dachau. Vor allem durch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei es wichtig, eine Art Metaebene aufzubauen, um sich schützend vor die Zielgruppe zu stellen - weil manche Meinungen eben doch sehr menschenverachtend seien und manche Jugendliche sie ohne Einordnung "unreflektiert übernehmen".

Krolop ist es wichtig, sich mit diesen Inhalten auseinanderzusetzen und sie zu diskutieren, dabei müsse man sich aber überlegen, wie man mit verfassungswidrigen Äußerungen bei öffentlichen Veranstaltungen umgehe. Die Jugendlichen sprechen sich größtenteils dafür aus, alle zur Wahl antretenden Politikerinnen und Politiker einzuladen, sie wollen sich aber Methoden überlegen, wie sie "sofort reingrätschen können, wenn eine menschenverachtende Äußerung kommt".

Politiker sollen "auf den Punkt kommen."

Zum Abschluss der Demokratiewerkstatt tauschen sich die Teilnehmenden über konkrete Ideen für die anstehenden Wahlen aus. Es soll wieder eine U-18-Wahl, geben und auch das Demokratiemobil soll dieses Jahr wieder im Landkreis unterwegs sein: Bei der Demokratiewerkstatt vergangenes Jahr wurde das Projekt beschlossen, vor der Bundestagswahl fuhr das Mobil dann in Form eines grünen Busses an Schulen mit Aktionen und Infomaterialien, das Motto: "Demokratie zum Anfassen". Dieses Jahr wolle man auch in den Sommerferien Orte anfahren, wo sich viele Jugendliche die Zeit vertreiben, beispielsweise Badeseen.

Des weiteren soll es wieder eine Podiumsdiskussion mit allen Direktkandidatinnen und -kandidaten geben. Dabei sei eine Antwortzeit von 30 oder maximal 90 Sekunden wichtig, "damit die Politiker nicht ewig rumreden sondern auf den Punkt kommen", so Drexler. Jonas Kittelberger vom Jugendrat Dachau schlägt außerdem einen freien Stuhl vor, auf den sich Menschen aus dem Publikum setzen können, um mitzudiskutieren. Ein weiterer Vorschlag, der neu eingebracht wird, heißt "Pizza und Politik": In den Jugendzentren der verschiedenen Gemeinden soll in lockerer Atmosphäre Pizza gebacken und dabei über Politik diskutiert werden.

Wie gut das funktioniert, wird an diesem Samstagnachmittag gleich geprobt: Zum Ende der Demokratiewerkstatt gibt es zwei große Pizzen und Feedback der Jugendlichen. Die Demokratiewerkstatt, so die einhellige Meinung, sei "gut und effektiv" gewesen und eine gute Möglichkeit, sich mit anderen politisch interessierten Jugendlichen auszutauschen.

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