Würm:Kein Geld für Hochwasserschutz

Lesezeit: 3 min

Der Würmkanal beginnt in Karlsfeld an der Allacher Straße und ist denkmalgeschützt. Deswegen müssen Hochwasserschutzmaßnahmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt werden. (Foto: Niels P. Jørgensen)

In Karlsfeld liegen mögliche Überschwemmungsgebiete der Würm und des Würmkanals. Die Gemeinde könnte etwas dagegen tun, sagt das Wasserwirtschaftsamt. Doch die Gemeinderäte fragen sich wieder einmal, wie die Kommune das finanziell stemmen soll.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Große Teile der Gemeinde Karlsfeld sind mögliche Überschwemmungsgebiete der Würm und des Würmkanals, das hatte das Wasserwirtschaftsamt München bereits vor rund vier Jahren festgestellt. In der jüngsten Gemeinderatssitzung erklärte Constanze Hecker, Abteilungsleiterin für Planung und Bau im Wasserwirtschaftsamt, welche Handlungsmöglichkeiten die Gemeinde nun habe. Daraufhin zeigten sich einige Gemeinderäte skeptisch und fragten sich, woher die Gemeinde das Geld für den Hochwasserschutz nehmen solle.

Hecker erklärte, dass Karlsfeld ein "sehr hohes Schadenspotenzial" aufweise, wenn es hier zu einem Hochwasser komme. Dahingegen seien die Baukosten vergleichsweise gering, wenn die Gemeinde den Hochwasserschutz an Würm oder Würmkanal angehen würde.

Westlich der Bahn in Karlsfeld gelten große Flächen als hochwassergefährdet, unter anderem das Grundstück, auf dem derzeit das vierte Gymnasium des Landkreises entsteht. Deshalb musste die Gemeinde dort ein Hochwasserschutzkonzept vorlegen. Auch vom Würmkanal aus stellen sich große Flächen als Überschwemmungsgebiete dar: Sie reichen bis an die Allacher Straße und zum Bürgerhaus, östlich der Münchner Straße über die Neue Mitte hinaus und verteilen sich über große Areale im Gewerbegebiet. Durch die Hochwassergefahr stehen damit auch langfristige Planungen der Gemeinde auf der Kippe, denn sie wollte auf dem noch unbebauten Teil der Wögerwiese südlich der Neuen Mitte Wohnungen bauen.

Höhere Dämme und Mauern am Würmkanal

Für den Hochwasserschutz in Karlsfeld schlug Constanze Hecker mehrere Varianten vor: Möglich wäre etwa ein Rückhaltebecken, um das Flusswasser vor der Ortschaft zurückzuhalten - allerdings sei es schwierig, dafür in der Region München eine große, unbebaute Fläche zu finden. Alternativ schlug sie eine Flutmulde vor, dabei werde der Fluss um die Gemeinde herum geleitet und anschließend wieder in ein anderes Gewässer eingeleitet, wie etwa in den Reschenbach in München.

Denkbar sei auch, die bestehenden Dämme, etwa am Würmkanal, zu erhöhen oder dort etwa 40 bis 70 Zentimeter Mauern zu ziehen, so Hecker. Dies sei aber noch mit dem Landesamt für Denkmalschutz abzustimmen, da der Würmkanal als Bau- und Bodendenkmal besonders geschützt ist. Für diese Variante habe das Wasserwirtschaftsamt 2015 Kosten von etwa drei Millionen Euro veranschlagt, wegen der Baukostensteigerungen liegen diese mittlerweile sicher höher, so Hecker. Zudem würden die Kosten für den Hochwasserschutz aufgeteilt werden: Die eine Hälfte übernimmt der Freistaat, die andere die Kommune.

"Und was, wenn wir das Geld nicht haben?", fragte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Erst im März hatte der Gemeinderat entschieden, das örtliche Hallenbad zu schließen, weil sich die Gemeinde die Sanierung und den laufenden Betrieb nicht mehr leisten konnte. Hecker erklärte, dass sich die Gemeinde dazu verpflichten könnte, später den Unterhalt für die Hochwasserschutzmaßnahmen zu übernehmen, um die Bau- und Planungskosten zu senken. Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld) wollte wissen, ob die Gemeinde nun gezwungen sei, etwas für den Hochwasserschutz zu tun, schließlich seien die Kosten erheblich.

"Der Freistaat macht es sich leicht"

Constanze Hecker erklärte dazu, dass der Freistaat verpflichtet sei, die Maßnahmen umzusetzen, unter der Voraussetzung, dass die Finanzierung gesichert ist. Das heißt konkret: Wenn die Gemeinde kein Geld hat, rutscht sie in der Prioritätenliste des Wasserwirtschaftsamtes nach unten, vorerst wird dann also nichts gemacht. Darüber hinaus sagte Constanze Hecker, dass das Amt ohnehin erst Mitte 2024 Zeit hätte, um die Planung in Karlsfeld anzugehen: "Sie hätten also noch Bedenkzeit."

Kolbe zeigte sich skeptisch und fasste seine Zweifel so zusammen: "Hier kann etwas passieren. Aber wir machen nichts, wenn wir kein Geld haben" und das, obwohl man doch verpflichtet sei, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Er kritisierte: "Der Freistaat macht es sich leicht", erst weise er auf den mangelnden Hochwasserschutz in Karlsfeld hin, aber wenn kein Geld für die Maßnahmen vorhanden sei, werde das Problem nicht angegangen. Heike Miebach (Grüne) sorgte sich ebenfalls ob der Kosten: "Wenn wir das Geld hätten, würden wir das alles sofort angehen."

Stefan Handl fordert, andere Gemeinden an der Würm in die Pflicht zu nehmen

Marco Brandstetter (Bündnis für Karlsfeld) fragte Hecker, warum das Wasserwirtshaftsamt die Maßnahmen am Würmkanal nicht bereits mit dem Landesamt für Denkmalschutz abgesprochen habe. Er könne sich nicht vorstellen, dass man entlang des denkmalgeschützten Gewässers, einfach Mauern bauen, den Strom verschmälern oder verbreitern könne. Die Abteilungsleiterin erklärte dazu, dass die Detailplanung erst folge, wenn die Gemeinde das Amt dafür beauftrage.

Der Zweite Bürgermeister Stefan Handl (CSU) bat zu prüfen, ob Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Würm, etwa in Gauting oder Krailing, die Lage in Karlsfeld verbessern könnten. Außerdem forderte er, dass sich die Stadt München an den Kosten für den Hochwasserschutz an der Würm beteiligen müsste, schließlich fließe der Fluss auch durch Allach. Andreas Ehstand, der im Wasserwirtshaftsamt für den Landkreis Dachau zuständig ist, sagte dazu, dass in der Landeshauptstadt kein Hochwasser durch die Würm drohe. Sie fließe dort tiefer im Boden. "Warum sollte sich die Landeshauptstadt an den Hochwasserschutzmaßnahmen beteiligen, wenn sie nicht betroffen ist?"

Peter Neumann (Bündnis) zeigte sich besorgt. Schließlich würde es auf die Gemeinde zurückfallen, wenn ein Hochwasser in Karlsfeld Schäden anrichtet - ohne dass die Gemeinde zuvor Maßnahmen getroffen hätte: "Dann heißt es: Ihr habt es doch gewusst." Weiter fragte er, ob auch mobile Spundwände im Fall eines Hochwassers an Würm und Würmkanal eingesetzt werden könnten. Hecker antwortete darauf, dass man dies in der Planung prüfen könnte. Allerdings müsste die Gemeinde den Aufbau und die Lagerung der Spundwände übernehmen. Kolbe schlug vor, die Entscheidung über den Hochwasserschutz zu vertagen, bis dahin sollen sich die einzelnen Fraktionen darüber Gedanken machen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusErneuerbare Energien
:Vier bis sechs Windräder pro Gemeinde sind schon drin

Die Kommunen melden derzeit dem Planungsverband München Gebiete, in denen Windräder gebaut werden könnten. Experten kritisieren, dass dies viel zu lange dauere. Warum Städte und Gemeinden jetzt handeln sollten.

Von Thomas Radlmaier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: