Es ist endgültig: Das Karlsfelder Hallenbad schließt für immer, dafür hat sich der Gemeinderat ausgesprochen. In der jüngsten Sitzung warf CSU-Gemeinderat Andreas Froschmayer allerdings gleich mehrere Fragen auf, die mit der Schließung einhergehen: Wird das Hallenbad zurückgebaut werden müssen, was passiert mit der Fläche und wo sollen Karlsfelds Schulkinder in Zukunft schwimmen lernen? Zumindest für letztere Frage hat Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) schon eine Lösung gefunden: Sie sollen künftig im Oberschleißheimer Bad schwimmen lernen. Was allerdings mit den freien Flächen passiert, "wird der Gemeinderat in den nächsten Wochen und Monaten beraten müssen", teilt die Gemeinde mit. Es zeigt sich also: Mit dem Gemeinderatsbeschluss allein ist längst nicht alles geklärt.
Grund für die endgültige Schließung sind die hohen Kosten, die der weitere Hallenbadbetrieb verursachen würde. Auch eine notwendige Generalsanierung der Schwimmhalle kann sich die Gemeinde nicht leisten, denn dafür hätte sie einen Kredit von rund zehn Millionen Euro aufnehmen müssen. Eine freiwillige Leistung, die die Rechtsaufsicht des Landratsamtes wohl nicht genehmigen hätte, so Kolbe. Zwar hatte der Bund einen Zuschuss von 5,1 Millionen Euro zugesichert, aber das hätte nicht gereicht, so Gemeindekämmerer Alfred Giesinger. Und andere Förderungen, etwa vom Freistaat oder der EU, könnten nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Bund bereits etwas zuschießt, so Giesinger.
"Bayerische Hallenbäder müssen auch durch die Bayerische Staatsregierung finanziert werden."
Das ärgert den SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi für dem Wahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck, der sich für den Zuschuss des Bundes eingesetzt hatte, wie er in einer Pressemitteilung schreibt. Er kritisiert, dass sich die Bayerische Staatsregierung auf Kosten des Bundes ausruhe und die bayerischen Bürgerinnen und Bürger im Regen stehen lasse: "Bayerische Hallenbäder müssen auch durch die Bayerische Staatsregierung finanziert werden", so Schrodi. Darüber hinaus kritisiert er den CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath: "Ich habe mich auf Bundesebene stark gemacht und 5,1 Millionen Euro für das Karlsfelder Hallenbad mobilisiert. Aus Bayern fließt kein Cent nach Karlsfeld", schreibt Schrodi. Bürgermeister Kolbe ärgert sich indes über Schrodis Vorstoß, denn in dem Bundesprogramm stehe deutlich, dass eine Doppelförderung durch andere Träger ausgeschlossen sei, erklärt er. Außerdem stellten nicht nur die Sanierungskosten eine Herausforderung für die Gemeinde dar, sondern auch die laufenden Kosten, sagte Seidenath vor Kurzem gegenüber der SZ Dachau: "Es geht ja nicht, dass wir ein neues Bad hinstellen, und die Gemeinde die Betriebskosten nicht schultern kann."
Das sehen die Karlsfelder Gemeinderäte ähnlich. Für Ursula Weber (CSU) ist das Hallenbad zwar ein Teil der Karlsfelder Identität, wie sie in der Sitzung sagte, allerdings würden mittlerweile die Einnahmequellen fehlen, um es zu finanzieren. Was die Gewerbesteuer anbelangt, sei Karlsfeld in den Siebziger- und Achtzigerjahren noch besser dagestanden, als etwa die Bayernwerk AG noch ihren Firmensitz in Karlsfeld hatte, so Weber - damals wurden auch Bad und Bürgerhaus in der Gemeinde gebaut. Inzwischen sei die Schwimmhalle nicht mehr zu finanzieren. Das sei "eine hochgradig frustrierende Situation", wenn man diese Grundversorgung in der Gemeinde nicht mehr zur Verfügung stellen könne, meint auch ihr Parteikollege Bernd Wanka.
Die Hallenbadschließung hat weitreichende Folgen
Fakt ist: Die Entscheidung das Hallenbad zu schließen, hat weitreichende Folgen. Betroffen sind unter anderem berufliche Existenzen, zum Beispiel von Schwimmmeistern und Kassenkräften, die im Bad beschäftigt waren. Auf SZ-Anfrage schreibt die Gemeinde, dass sie momentan keine Aussage darüber treffen könne, inwiefern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden können. Außerdem ist eine Physiotherapiepraxis im Erdgeschoss des Bades untergebracht, deren Schließung ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Der Pächter sei über die aktuelle Situation informiert, schreibt die Gemeinde, der Pachtvertrag werde eingehalten: "Allerdings ist auch klar, dass ein geschlossenes Hallenbad ab einer gewissen Zeit tatsächlich keine Nutzung zum Beispiel durch Fremdmieter oder - pächter mehr haben wird."
Auch wie und ob es mit der Schwimmabteilung des TSV Eintracht Karlsfeld weitergeht, ist noch offen. Gegen Ende des Jahres will die Abteilungsleitung darüber beraten, ob sie ohne eigenes Bad noch Sinn mache. Für die Synchronschwimmerinnen des Vereins könnte aber schon früher Schluss sein. Trainerin Gabriele Kornbichler hat ihren Sportlerinnen bereits signalisiert, dass sich die Abteilung eventuell schon nach dieser Schwimmsaison auflösen wird, das wäre gegen Ende Juli. Kornbichler erklärt dazu, dass die endgültige Badschließung "ein vernichtendes Urteil für uns ist". Nur ein paar Tage nach der Entscheidung des Gemeinderats hätten schon die ersten Vereinsmitglieder gekündigt, sie wechselten zum Beispiel zu den "Isarnixen München".
"Ohne eigenes Bad können wir nicht schwimmen."
Die verbliebenen Karlsfelder Synchronschwimmerinnen trainieren aktuell in Schwimmbädern in Markt Indersdorf und München, eine Dauerlösung sei das jedoch nicht, erklärt Kornbichler: "Ohne eigenes Bad können wir nicht schwimmen." Trotzdem will sie die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich noch Trainingsmöglichkeiten in anderen Bädern finden.
Grundsätzlich versteht die Trainerin zwar die "finanziellen Nöte", die zur Hallenbadschließung geführt haben. Allerdings wirft sie der Gemeinde auch vor, die Gewerbeansiedlung in den vergangenen Jahren vernachlässigt zu haben. Außerdem hätte sie sich mehr Unterstützung von Bund und Freistaat gewünscht: "Es stehen ja noch andere Bäder auf der Kippe", die sanierungsbedürftig seien, wie jenes im benachbarten Oberschleißheim. Tatsächlich sind mehr als die Hälfte aller öffentlichen Schwimmbäder in Bayern sanierungsbedürftig, das geht aus einer Anfrage der Landtags-Grünen an die Staatsregierung aus dem Jahr 2019 hervor. Demnach seien 223 der insgesamt 867 öffentlichen Schwimmbäder sogar "dringend sanierungsbedürftig".
In den vergangenen Jahren habe die Gemeinde Karlsfeld immer wieder versprochen, das Hallenbad zu sanieren, kritisiert die 17-jährige Annika Grob vom TSV Karlsfeld. Dass es nun endgültig schließt, mache die Synchronschwimmerin traurig, sie hat dort seit rund 13 Jahren - also von Kindesbeinen an - trainiert. Wenn man Grob nach ihrer Zukunft als Synchronschwimmerin fragt, ist sie den Tränen nahe. Sie hat sich schon mit dem Gedanken befasst, mit dem Schwimmsport aufzuhören: "Aber dann fällt ein kompletter Teil meiner Freizeit weg und man sieht die Freunde beim Training nicht mehr."
Darüber hinaus schlägt die Gymnasiastin vor, dass sich die Gemeinde doch mit der Landeshauptstadt München zusammentun könnte, um das Karlsfelder Bad zu retten, schließlich schwammen darin in der Vergangenheit auch Badegäste aus Allach oder Untermenzing. Wenn das nicht gelingt, würde sie sich wünschen, dass Karlsfeld ein Vereins- und Schulschwimmbad baut. Einen Antrag dafür hat Bündnis-Gemeinderat Adrian Heim bereits eingereicht, doch auch die kompaktere Schwimmhalle würde die Gemeinde mindestens acht Millionen Euro kosten.
Synchronschwimmerin Annika Grob schlägt vor, dass sich die Gemeinde mit der Landeshauptstadt München zusammentut, um das Karlsfelder Bad zu retten.
(Foto: Privat)Trainerin Gabriele Kornbichler gibt die Hoffnung nicht auf, dass sich noch Trainingsmöglichkeiten in anderen Bädern für ihre Synchronschwimmerinnen finden.
(Foto: Toni Heigl)Hadi Hosseini und Karin Boger haben Flüchtlingskindern im Karlsfelder Bad das Schwimmen beigebracht.
(Foto: Privat)Karin Boger schlägt ein Strandbad im Karlsfelder See vor, als Vorbild könnte das einstige Undosa-Bad in Starnberg dienen, hier um 1925.
(Foto: Georgine Treybal)Karin Boger hat noch eine andere Idee. Als ehemalige Schwimmlehrerin und leidenschaftliche Schwimmerin finde sie die Hallenbadschließung schrecklich, wie sie am Telefon erzählt. In den vergangenen vier Jahren hat sie Kindern von Geflüchteten das Schwimmen im Karlsfelder Bad beigebracht. Diese Kurse fänden momentan gar nicht statt, erzählt sie. Allerdings ist es ihr ein Anliegen, dass in Zukunft wieder Schwimmkurse für Kinder in der Gemeinde stattfinden können. Deshalb empfiehlt sie, im Karlsfelder See ein Strandbad, also ein abgetrenntes Becken, zu integrieren.
Sie denke dabei an das ehemalige Undosa-Bad in Starnberg, wenn auch in kleinerer Form. Boger schlägt eine Fläche von 50 auf 50 Metern mit ebenem Boden vor, die von der Wasserwacht abgesichert wird. Die Wassertiefe soll etwa 0,80 bis 1,25 Meter betragen, denkbar sei das Strandbad zum Beispiel zwischen den zwei Lokalen am See. Ihre Anfrage hat die ehemalige SPD-Gemeinderätin auch schon an die Gemeinde geschickt, mit folgender Begründung: "Nichtschwimmer/innen könnten dort gefahrlos üben und für Kinder könnten bei schönem Sommerwetter Schwimmkurse angeboten werden." Die Anfrage wurde laut Gemeinde an den Erholungsflächenverein weitergegeben, der für den Ausbau des Karlsfelder Sees zuständig ist.
Nachdem das Karlsfelder Hallenbad endgültig schließt, erstattet die Gemeinde nun Guthaben von bereits gekauften Eintrittskarten. Betroffene können sich vormittags telefonisch an das Hallenbad wenden unter der Nummer 08131/997592, die Karten können dann ausgelesen und das Guthaben ermittelt werden. Danach wird der Betrag überwiesen. Fragen dazu beantwortet Theresia Schindler vom Gebäudemanagement der Gemeinde unter der Telefonnummer 08131/99182.