Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Düstere Aussichten für das Hallenbad

Im Rathaus setzen zahlreiche Ehrenamtliche ein Zeichen, damit die Karlsfelder Schwimmhalle nicht geschlossen wird. Der Gemeinderat vertagt die endgültige Entscheidung. Doch wenn keine Hilfe von außen kommt, ist das Ende wohl besiegelt.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Bevor Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) am Donnerstagabend den Rathaussaal betritt, passiert er das Spalier von etwa 20 Wasserwachtlern in roter Uniform. Die Ehrenamtlichen wollen ein Zeichen setzen, denn im Gemeinderat geht es um eine wichtige Entscheidung: nicht nur für die Ehrenamtlichen, sondern für ganz Karlsfeld. Auf der Tagesordnung steht eine Grundsatzentscheidung, wie es mit dem Hallenbad weitergeht. Kolbe hatte angekündigt, dass eine endgültige Schließung im Raum stehe. Betroffen wären auch die Wasserwachtler, die regelmäßig in dem Bad trainieren.

Im Saal ist kein Platz mehr frei, unter den 50 Zuhörern sind Wasserwachtler, Schwimmtrainer sowie Synchronschwimmerinnen des TSV Eintracht Karlsfeld. Kolbe verkündet, dass ihn die Gemeinderäte gebeten hätten, die Entscheidung über die Badschließung auf 2. März zu vertagen, zunächst wolle man sich die Kosten für Betrieb und Sanierung ansehen. Bereits seit Oktober ist das Bad geschlossen, weil es Statikprobleme am Dach gibt. Marco Mühlenhoff, Gebäudemanager der Gemeinde, erklärt, dass eine Notsanierung für rund 200 000 Euro zwar möglich sei, doch die Maßnahme würde etwa ein halbes Jahr dauern, und das Bad könnte nur etwa zwei Jahre weiterbetrieben werden. Um die Kernsanierung für rund 15 Millionen Euro komme die Gemeinde nicht herum.

Dafür hatte der Bund rund 5,1 Millionen Euro zugesichert, selbst müsste die Gemeinde noch zehn Millionen Euro schultern. Problematisch seien aber die künftigen Betriebskosten des Bades, pro Jahr würden sie wegen der gestiegenen Energiekosten ein Defizit von rund einer Million Euro im Haushalt verursachen. In den vergangenen Jahren lag es nur zwischen 400 000 und 600 000 Euro. Kämmerer Alfred Giesinger verweist auf die Haushaltsberatungen 2023, diese starte man mit einem Defizit von rund fünf Millionen, so einen Haushalt würde die Rechtsaufsicht des Landratsamtes nicht genehmigen.

"Ich habe gehofft, dass diese Diskussion noch nicht so weit ist."

Viele Gemeinderäte sprechen sich indirekt für eine Schließung des Bads aus. Michael Fritsch (Grüne) sagt, dass das Hallenbad schon ein "Wahrzeichen Karlsfelds" sei, aber finanziell der größte Klotz am Bein. Franz Trinkl (SPD) geht die Entscheidung nah: "Dass das Bad eventuell zumacht, trifft mich schwer." Kolbe betont, dass sein Herz an dem Bad hänge, seine Großmutter sei die erste Pächterin des Hallenbad-Cafés gewesen: "Mir tut es in der Seele weh, dass wir immer über Dinge sprechen, die wir nicht mehr machen können." Er wünsche sich mehr Unterstützung vom Bund. Adrian Heim (Bündnis) schlägt vor, ein Schul- und Vereinsschwimmbad mit nur einem Becken und ohne öffentlichen Badebetrieb zu bauen, etwa neben dem Karlsfelder Gymnasium, daran könnten sich andere Kommunen beteiligen. Für so einen Neubau würden auch etwa acht Millionen Euro anfallen, so Mühlenhoff.

SPD-Gemeinderätin Beate Full schlägt vor, einen Zweckverband für das Hallenbad zu gründen, andere Landkreisgemeinden sollten es mitfinanzieren, daraufhin klatscht das Publikum. Von dort meldet sich der stellvertretende Leiter der Schwimmabteilung, Thorsten Herrmann: "Ich bin geschockt und habe gehofft, dass diese Diskussion noch nicht so weit ist." Er betont, dass der TSV jährlich Schwimmkurse für rund 500 Kinder im Karlsfelder Bad organisiere - sie kämen aus dem ganzen Landkreis und München. Eine weitere Zuhörerin schlägt vor, beim Freistaat um Zuschüsse zu bitten und etwa beim CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath nachzuhaken.

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