Gemeindefinanzen:„Wir wollen das so umsetzen, dass wir mit einer schwarzen Null rausgehen“

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Zum 1. Januar 2025 treten neue Berechnungsgrundlagen für die Grundsteuer in Kraft. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Nach der Grundsteuerreform muss die Gemeinde Karlsfeld rund 11 000 neue Bescheide erstellen und verschicken. Was zum Jahresanfang auf die Grund- und Hausbesitzer zukommt, erklärte Kämmerer Alfred Giesinger im Ausschuss.

Von Walter Gierlich, Karlsfeld

Mit den Folgen der Grundsteuerreform hat sich der Karlsfelder Haupt- und Finanzausschuss in seiner jüngsten Sitzung befasst. Vor sechs Jahren erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung der Grundsteuer für verfassungswidrig: Dafür wurden bislang Gebäudewerte aus dem Jahr 1964 für Häuser und Grundstücke verwendet. Wegen der veralteten Werte urteilten die Richter, dass die Grundsteuerzahler in Deutschland ungerecht behandelt würden. Zum 1. Januar 2025 treten nun neue Berechnungsgrundlagen in Kraft. Daher müssen die Kommunen, die Nutznießer der Abgabe sind, neue Hebesätze festlegen. Diese basieren dann auf Finanzamtsbescheiden über die neuen Grundsteuerwerte. Was zum Jahresanfang 2025 auf die Karlsfelder Grund- und Hausbesitzer zukommen wird, erklärte Kämmerer Alfred Giesinger im Ausschuss.

Kaum relevant sei für die Gemeinde Karlsfeld die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen, die gerade einmal 20 000 Euro im Jahr einbringe. Bedeutsam für den Gemeindehaushalt hingegen sei die Grundsteuer B für bebaute Grundstücke, mit der Haus- und Wohnungsbesitzer bisher rund 3,6 Millionen Euro zum kommunalen Einkommen beitrugen. Der Gemeinde liegen laut Giesinger knapp 95 Prozent der Bescheide des Finanzamts vor, „sodass eine Hochrechnung mit hinreichender Sicherheit vollzogen werden kann“. Das Finanzamt weise jedoch darauf hin, dass derzeit bei etwa 30 Prozent der Bescheide noch Korrekturbedarf bestehe, so der Kämmerer: „Dieser wird in den meisten Fällen wohl zugunsten der Steuerbürger erfolgen.“ Deshalb sei den Kommunen von den Finanzbehörden empfohlen worden, einen Sicherheitszuschlag von fünf bis zehn Prozent beim Hebesatz einzurechnen, damit das bisherige Grundsteuereinkommen der Kommune gleich bleibt.

Rund 11 000 Grundsteuerbescheide müssen neu erstellt und verschickt werden

Giesinger erinnerte daran, dass der alte Hebesatz für die Grundsteuer B gerade erst zum Jahresbeginn 2024 von 400 auf 490 Prozent erhöht worden sei. Dadurch seien statt bisher 2,9 Millionen in diesem Jahr 3,6 Millionen Euro in die Gemeindekasse geflossen. „Eine weitere Erhöhung für Haus- und Grundbesitzer aufgrund der Grundsteuerreform sollte sich nicht mehr ergeben“, sagte der Kämmerer, obwohl die Verwaltung in der Beschlussvorlage einen Sicherheitszuschlag von fünf Prozent vorsieht. Damit würde der Hebesatz auf 570 Prozent steigen, und die Gemeinde nähme mit der Grundsteuer weiterhin 3,6 Millionen plus einen Puffer von 180 000 Euro ein. Ohne Sicherheitszuschlag läge der Hebesatz bei 540 Prozent. Sicher ist schon jetzt: Auf die Gemeindeverwaltung kommt Anfang kommenden Jahres eine Menge Arbeit zu, circa 11 000 Grundsteuerbescheide müssen neu erstellt und verschickt werden. Die Kosten für den Versand liegen laut Giesinger bei rund 15 000 Euro.

Zweiter Bürgermeister Stefan Handl (CSU), der die Sitzung leitete, erklärte: „Wir wollen das so umsetzen, dass wir mit einer schwarzen Null rausgehen.“ Deswegen sei der Hebesatz-Puffer von fünf Prozent notwendig, da 30 Prozent der Bescheide angefochten würden und manche dann wohl niedriger ausfielen. Allerdings machte Handl auch deutlich, dass anders als die Gemeinde „nicht alle Bürger mit einer schwarzen Null rausgehen werden, manche werden mehr, manche weniger als bisher zahlen“. Auch Finanzreferent Stefan Theil (CSU) sagte, dass die Steuereinnahmen der Gemeinde gleich bleiben müssten, deswegen sei der Sicherheitspuffer notwendig. Denn auch Theil befürchtete, „dass wir eine massive Zahl an Einsprüchen haben werden“. Sein Fraktionskollege Andreas Froschmayer hielt es für unabdingbar, die Kommunalfinanzen zu stabilisieren.

„Wir müssen den Bürgern sagen, dass wir uns nicht bereichern wollen“

Ganz anderer Ansicht, was den Puffer betrifft, war Bündnis-Fraktionschef Peter Neumann: „Überall wird es teurer, aber jetzt muss ich dem Bürger erklären, dass es auch noch einen Sicherheitszuschlag gibt.“ Er frage sich, ob man nicht warten könne, was tatsächlich an Einnahmen herauskomme und erst dann den Hebesatz erhöhen. Dem widersprach der Kämmerer: „Im Herbst 2025 werden wir uns noch mal unterhalten, ob der Puffer passt.“

Der neue Hebesatz sei nötig, weil es eine andere Berechnungsgrundlage gebe, sagte Christian Bieberle (CSU). Die neue Grundsteuer falle für jeden individuell aus, weil vom Bundesverfassungsgericht und dem Gesetzgeber mehr Gerechtigkeit erwünscht sei. Beate Full (SPD) fürchtet, dass die Bürger glauben könnten, dass es schon wieder eine Steuererhöhung gäbe, weil der Hebesatz von 490 auf 570 Prozent erhöht werde. Sie hält es für dringend erforderlich, den Menschen zu erklären, dass hier andere Werte zugrunde liegen: „Wir müssen den Bürgern sagen, dass wir uns nicht bereichern wollen.“ Sie schlug vor, die Reform im Gemeindeblatt für jeden verständlich zu erklären. Diese Aufforderung reichte Bürgermeister Handl umgehend an die Gemeindekämmerei weiter. Letztlich stimmte nur Peter Neumann gegen den Vorschlag, dass der Gemeinderat die endgültige Entscheidung über den künftigen Hebesatz fällen soll.

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