Karlsfeld:Gemeinsam für andere

Fast 20 Jahre lang leitete Hannelore Elias den Treffpunkt 60. Dabei spielte ihr Mann Wolfgang eine wichtige Rolle. Die beiden gibt es nur als Team.

Von Julian Erbersdobler, Karlsfeld

Die Liebesgeschichte zwischen Wolfgang und Hannelore Elias beginnt mit einem Kreuzworträtsel. Hannelore ist 17, als sie Wolfgang zum ersten Mal sieht. Gemeinsam mit einem Freund ist er im Zug von Röhrmoos nach München unterwegs. Sie sitzt neben ihrer älteren Schwester und löst Kreuzworträtsel, er wirft ein Auge auf sie und macht mit seinem Kumpel den ersten Schritt: "Sollen wir euch beim Kreuzworträtsel helfen?"

Wolfgang und Hannelore Elias müssen schmunzeln. Sie sitzen daheim in Karlsfeld auf der Couch, beide tragen Längsstreifen, und erzählen von jenem schicksalhaften Kreuzworträtsel: dem Geheimnis ihrer Liebe, wenn man so mag. Die Pointe der Geschichte verrät Hannelore Elias aber erst auf Nachfrage. "Meine Schwester und Wolfgangs Freund sind danach auch zusammengekommen", sagt sie. "So was gibt es heute nicht mehr, oder?"

Eine Ära endet

1960 heiraten Hannelore und Wolfgang, 1961 kommt das erste Kind, Brigitte, 1968 folgt Heike. Ein Jahr später zieht das Ehepaar von Moosach nach Karlsfeld. Hannelore Elias hat eigens für den Interview-Termin ihren Lebenslauf herausgekramt. Mit der Zeit stapeln sich auf dem Tisch im Wohnzimmer während des Gesprächs immer mehr Broschüren. "Dann müssen Sie nicht so viel mitschreiben", sagt sie und lächelt.

Gut einen Monat ist sie jetzt her, die Feier zum 30-jährigen Bestehen des Karlsfelder Treffpunkts 60, gleichbedeutend mit dem Abschied der gebürtigen Dachauerin. Damit endet auch eine Ära: Elias leitete die Seniorengruppe des Pfarrverbandes seit 1996. Ein Ehrenamt, das sie damals mit 50 Jahren übernommen hat. Und ihr Mann Wolfgang eigentlich gleich mit.

Seniorengruppe

Die Koordination des Treffpunkt 60 hat Rosi Rubröder übernommen, die in Karlsfeld keine Unbekannte ist. Sie war Schriftführerin der CSU Karlsfeld und saß einst im Gemeinderat; sie ist Mitbegründerin des Sozialen Helferkreises in Sankt Anna, arbeitet als Firmhelferin und sammelt für die Caritas. Im 1993 erbauten Asylbewerberlager arbeitete sie zehn Jahre lang fast täglich mit. Von Beginn an leitete sie den Arbeitskreis "Familie, Soziales, Gesundheit" der 1997 beschlossenen Agenda 21 der Gemeinde. Die Idee für einen Müttertreff kam Rosi Rubröder und ihren Kolleginnen von der Agenda 21 vor rund einem Jahr durch ein anderes soziales Projekt. Schon seit 2009 arbeiten sie als Lesepaten in der Übergangsklasse der Grundschule Karlsfeld. An zwei Nachmittagen in der Woche geben sie dort ausländischen Grundschülern Lesekurse.

Doch während die Kinder in der Schule immer besser Deutsch lernen, ist der Spracherwerb für viele Eltern schwierig. Von August an übernimmt sie auch die Koordination des Treffpunkts. Ihre Vorgängerin Hannelore Elias ist davon überzeugt, dass Rosi Rubröder ihre Sache gut machen wird. "Wir haben lange nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin gesucht", sagt Hannelore Elias. "Rosi kennt sehr viele Leute und kann den Treffpunkt mit ihrem Netzwerk bereichern." Nach 19 Jahren könne jetzt auch einmal jemand anderes die Leitung übernehmen, sagt sie mit einem Augenzwinkern.

Neben dem Monatstreffen können sich Treffpunkt-Freunde im September auf zwei Museumsbesichtigungen freuen. Am 8. September steht das Dachauer Bezirksmuseum auf dem Plan, am 22. geht es nach Erding ins Bauernhausmuseum.jerb

Wolfgang und Hannelore Elias gibt es nur als Team. Eines, das sich seit fast 60 Jahren die Treue hält. Daran ist auch der TSV Karlsfeld nicht ganz unbeteiligt. Er war Leiter der Leichtathletik-Abteilung, später Schatzmeister und Vizepräsident, sie lange Jahre für die Seniorengruppe Ü55 aktiv verantwortlich. Besonders gern erinnert sich das Ehepaar an die vielen Radtouren und die Geburtstagsbesuche der älteren Sportler. Gemeinsam mit dem ehemaligen TSV-Präsidenten Toni Cremers hat sich Hannelore Elias besonders für die Lebensgeschichten der "Geburtstagskinder" interessiert.

Mit Ehrungen geht das Paar bescheiden um

"Wer Sport macht, der bleibt einfach länger jung", sagt die 76-Jährige. Wenn es um ihre verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten geht, besteht die Rentnerin darauf, dass auch das Team in ihrem Rücken in der Zeitung erwähnt werden soll. Mit den Ehrungen geht das Ehepaar ebenso bescheiden um. Beide wurden mit der Bürgermedaille der Gemeinde Karlsfeld ausgezeichnet. Hannelore Elias engagierte sich auch im Pfarrgemeinderat in Sankt Josef und war Seniorenbeiratsvorsitzende.

Ehrenamt

Hand in Hand in allen Lebensbereichen: Seit Hannelore und Wolfgang Elias sich kennen und lieben gelernt haben, trennt die beiden nichts mehr.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ihr größter sportlicher Erfolg, gelang ihr in Unterhaching: 25 Kilometer in zwei Stunden und fünf Minuten. "Und das obwohl ich erst mit 37 Jahren mit dem Laufen angefangen habe", sagt sie stolz. "Irgendwann wird man aber auch älter und muss sich die Kräfte einteilen."

So erklärt Hannelore Elias auch ihren "Rückzug" als Leiterin des Treffpunkts, den jetzt Rosi Rubröder übernimmt. Gemeinsam hat das Ehepaar Elias Wanderungen und Busreisen geplant, Feste organisiert und auch immer wieder Referenten zu Gesprächsrunden eingeladen. Und jetzt soll damit endgültig Schluss sein? Hannelore Elias lacht. "Wir machen es noch zu gern. Ganz können wir es nicht lassen." Die Organisation einzelner Veranstaltungen lässt sich das Ehepaar auch im "Ruhestand" nicht nehmen. Dabei sind sie sowieso immer.

Kuriose Anekdoten

In den Jahren haben die beiden viel erlebt, schöne Dinge, spannende Dinge, aber auch wirklich lustige. Klar, man steigt mal in den falschen Zug, oder vergisst jemanden auf der Toilette. Die kurioseste Anekdote, erzählt Wolfgang Elias, habe sich in Bad Wörishofen abgespielt. Der Hauptdarsteller: ein Herr Kaspar aus Indersdorf, der einmal gemeinsam mit der Treffpunkt-Gruppe im Allgäu unterwegs war - bis er spurlos verschwand. "Das war schon von Anfang an etwas heikel", erinnert sich das Ehepaar, weil eigentlich nur Karlsfelder für die Ausflüge in Frage kamen. Sie nahmen den Gast trotzdem mit und verloren ihn prompt. Aus Sorge suchten sie, wieder daheim angekommen, im Telefonbuch nach einem Herr Kaspar aus Indersdorf und fanden die Nummer des damaligen Bürgermeisters, auch ein Kaspar. Aber nicht der abhanden gekommene.

Karlsfeld: Bei den Aktionen wird man die aktiven Rentner weiterhin sehen. Dazu gehört auch der Umzug zum Karlsfelder Siedler- und Seefest.

Bei den Aktionen wird man die aktiven Rentner weiterhin sehen. Dazu gehört auch der Umzug zum Karlsfelder Siedler- und Seefest.

(Foto: Toni Heigl)

Hannelore und Wolfgang Elias schauen sich während der Geschichte immer wieder tief in die Augen, sie teilen sich das Erzählen auf, wollen dem anderen nichts vorwegnehmen, fragen bei Unsicherheiten nach: "Magst du das erzählen?" Hannelore nennt ihren Wolfgang "mein zweites Gehirn". Der Gatte gibt das Kompliment zurück, keiner kenne sich so gut mit Pflanzen und Blumen aus. Auch dafür bleibt jetzt wieder mehr Zeit: für die Gartenarbeit. "Außerdem können wir auch unsere Enkel öfter sehen", sagt sie.

Und während viele Rentner mit dem Internet überfordert sind und nichts davon wissen wollen, schätzen Hannelore und Wolfgang Elias die Vorteile der Technik. Online sind die beiden schon seit 2009, nach einem Computer-Kurs haben sie das Netz für sich entdeckt. Die 76-Jährige zeigt auf einige dicke Wälzer im Schrank: "Früher habe ich zu Wolfgang gesagt, dass ich die Bücher mit ins Grab nehmen will. Heute wäre es das Internet. Aber das ist ja ein bisschen zu groß."

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