Haushalt:Karlsfeld muss Projekte streichen

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Der Gemeinde geht das Geld aus. Sie muss 2020 mindestens 1,9 Millionen Euro einsparen, damit der Haushalt für das laufende Jahr überhaupt genehmigungsfähig ist.

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Wünsche gibt es viele, Verbesserungsmöglichkeiten auch. Doch das Geld in Karlsfeld ist knapp, die Haushaltsberatungen sind ein Kampf um jeden Euro. Ein Vorentwurf der Verwaltung zeigt den Kommunalpolitikern deutlich, dass nicht alles realisierbar ist, was man sich ursprünglich vorgenommen hatte. Mindestens 1,9 Millionen Euro müssen eingespart werden, damit der Haushalt 2020 überhaupt genehmigungsfähig ist, erklärt Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Auch der Finanzplan der nächsten Jahre weist noch Löcher auf. Um den Ausgleich herzustellen, wird hart gerungen, manchmal sogar gestritten. Was ist wichtig? Was unumgänglich? Was kann zurückgestellt oder gar gänzlich gestrichen werden? Die Meinungen gehen auseinander.

Der Bau einer neuen Grundschule ist in der schnell wachsenden Kommune zwar dringend nötig geworden, er belastet den Haushalt aber auch stark - und zwar stärker als zunächst gedacht. Anfangs hatte man mit 34 Millionen Euro gerechnet, doch der Bauboom hat die Preise der Branche mächtig nach oben getrieben. Inzwischen geht Kolbe von Investitionen in Höhe von 40 Millionen Euro aus. Vom Freistaat erwartet die Gemeinde einen Zuschuss von 15 Millionen Euro, den Rest muss sie selbst stemmen. Im vergangenen Jahr hat dies bereits alle Rücklagen verschlungen und den Schuldenberg auf 23 Millionen Euro anwachsen lassen. Auch in diesem Jahr wird Karlsfeld erneut einen zweistelligen Millionenkredit aufnehmen müssen, um den Bau schultern zu können. "Bildung ist wichtig", erklärt Kolbe nur. Doch das bedeutet auch, dass anderes nicht erledigt werden kann, dass freiwillige Leistungen womöglich gestrichen werden müssen.

Um zu sparen entschied sich der Hauptausschuss in seiner jüngsten Sitzung nach längerer Debatte, die Baumgräber, die auf dem Karlsfelder Friedhof angelegt werden sollten, auf nächstes Jahr zu verschieben. Manch einer haderte damit. Beate Full (SPD) wandte ein: "Das wird kein Geld sparen." Die Preise auf dem Bausektor stiegen weiter. Wenn, dann müsse man jetzt umbauen, solange das Geld billig sei. "Verschieben ist eine teurere Lösung", die sie ablehne. Das Problem sei die Rechtsaufsicht, erinnerte Bürgermeister Kolbe. Man könne keinen unendlichen Schuldenberg anhäufen, nur weil das Geld gerade billig sei. "Das muss jemand bezahlen." Noch ist genügend Platz, deshalb muss das Projekt warten, so der Beschluss der Mehrheit. Ersparnis: etwa 135 000 Euro.

Der Bau der Skateranlage, die zwei Jugendliche mit viel Elan und Vorarbeit sowie zahlreichen Unterstützerunterschriften erbeten hatten, wird voraussichtlich ebenfalls um ein Jahr verschoben. Den Gemeinderäten tat dies "in der Seele weh", wie mehrere beteuerten. "Eine Sparversion geht nicht", sagte Kolbe. Jugendreferentin Venera Sansone (SPD) hatte Bedenken, dass die Zielgruppe, die jetzt sehnsüchtig auf Halfpipes und Jumps wartet, möglicherweise nicht mehr da sein wird. Die Verwaltung wies darauf hin, dass das Vorhaben so womöglich nicht förderfähig sei. 415 000 Euro soll der Skatepark kosten, doppelt so viel wie anfangs gedacht. Würde man die Fläche zu einem Multifunktionsplatz umbauen, könne man womöglich mit Zuschüssen rechnen. Dies soll nun geprüft werden. Zweiter Vorteil: Das Areal wäre dann für mehr Jugendliche interessant.

Von den geplanten Fahrradständern am Bahnhof will Karlsfeld auch nur einen Teil errichten, um die Kosten im Zaum zu halten. Das bedeutet Ausgaben von 500 000 Euro statt einer Million Euro. Ganz wollte man darauf trotz aller finanziellen Nöte nicht verzichten. Schließlich gilt es, ein Zeichen zu setzen: Den Fahrradverkehr zu fördern und Alternativen zum Auto attraktiver zu machen - nicht erst in der Zukunft, sondern gleich.

Sparen will man heuer auch an der LED-Straßenbeleuchtung (rund 170 000 Euro). Der vom Kunstkreis und einigen Senioren gewünschte Aufzug zur Galerie am Drosselanger fällt dem Spardiktat ebenfalls zum Opfer. Etwa acht Millionen Euro wird die Kinderbetreuung voraussichtlich kosten. Auf Antrag der SPD will man darüber in einer der nächsten Sitzungen noch diskutieren. Vielleicht gibt es Einsparmöglichkeiten. Die Personalkosten werden heuer wohl mit 13 Millionen Euro zu Buche schlagen. Die Löhne und Gehälter der 240 Gemeindemitarbeiter sollen angehoben werden. Andernfalls fürchtet man, dass die fähigen Leute abwandern werden, denn die Stadt München biete höhere Gehälter. Ein Grund, weshalb Karlsfeld in der Vergangenheit große Schwierigkeiten hatte, Stellen nachzubesetzen. Für die Gemeinde bedeutet das Mehrausgaben von etwa einer Million Euro. Der Gemeinderat wird an diesem Donnerstag über das Thema debattieren.

Was passiert, wenn zu wenig Personal da ist, zeigte sich bereits im Baureferat. Eine Firma hatte bei der Errichtung einer Kindertagesstätte mangelhaft gearbeitet. Feuchtigkeit kam ins Gebäude. Jetzt muss die Gemeinde Fenster, Boden und Türen für einen fünfstelligen Betrag austauschen lassen, denn die Gewährleistungsfrist ist abgelaufen. "Das erschüttert mich, dass die Mängel nicht konsequent verfolgt werden", monierte Adrian Heim (Bündnis). Statt vier gab es nur zwei Mitarbeiter in der Abteilung, bemerkte der Bürgermeister.

Unumgänglich und schmerzhaft zugleich ist die Kreisumlage mit 12,5 Millionen Euro. "Das Finanzsystem der Kommunen funktioniert einfach nicht", klagt Kolbe. Karlsfeld habe zu wenig Geld für seine Aufgaben. Es brauche sichere und höhere Einnahmen - ein Gewerbegebiet, auch wenn von den Steuereinnahmen nur 40 Prozent blieben. Kolbe forderte, der Staat müsste die Körperschaften direkt finanzieren, damit das "Rennen mit Gewerbegebieten aufhört".

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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