Karlsfeld:Eltern verärgert über Kita-Gebührenerhöhung

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Eine Mehrheit im Gemeinderat verteidigt die Entscheidung. Nur die Grünen plädieren dafür, Familien weniger zu belasten

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Unverständnis, Ärger und Enttäuschung über die Erhöhung der Kinderbetreuungsbeiträge ist bei den Karlsfelder Eltern noch immer groß: "Ich finde es bedauerlich, dass (...) nur die vorgeschriebene Anhörung der Elternbeiräte stattgefunden hat und diese fast kein Ergebnis gezeigt hat", schreibt eine Mutter und fasst damit zusammen, was viele andere auf Social Media in unterschiedlichen Varianten äußern. Trotz aller Proteste hat der Karlsfelder Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, Kindergarten- und Hortbeiträge ab kommendem Jahr um 25 Prozent anzuheben. Für einen Krippenplatz müssen die Eltern künftig 15 Prozent mehr zahlen, ursprünglich wollten die Kommunalpolitiker die Gebühren sogar auf 20 Prozent heraufsetzen. Viele Eltern waren zur Sitzung gekommen und drängten sich trotz Corona in den Zuschauerraum. Ein Rederecht hatten sie zwar nicht. Ihren Unmut äußerten sie aber schon.

"Wir haben keine andere Wahl", sagte Adrian Heim (Bündnis) und die anderen stimmten ihm mehrheitlich zu. Nur die Grünen, die schon im Hauptausschuss vor einigen Wochen gegen eine derart massive Erhöhung waren, blieben bei ihrer Position: "Eine Erhöhung ist unumgänglich", stellte Heike Miebach klar mit Verweis auf die sieben Millionen Euro, die die Gemeinde jedes Jahr als freiwillige Leistung für die Betreuung der Kinder aufbringen muss, um das entstandene Defizit auszugleichen. "In anderen Bereichen haben wir auch Erhöhungen beschlossen, aber nirgendwo so drastisch wie bei der Kinderbetreuung." Die Familien seien ohnehin finanziell schon stark belastet. Zudem treffe die Erhöhung, diejenigen am meisten, die das wenigste Geld zur Verfügung hätten: Alleinerziehende und Schichtarbeiter, zum Beispiel in schlecht bezahlten Pflegeberufen. Sie bräuchten nämlich die längsten Buchungszeiten. Mit ihrem Plädoyer erntete Miebach viel Beifall im Publikum. Parteikollege Michael Fritsch formulierte es noch deutlicher: "Mit der massiven Erhöhung nehmen wir den Familien einen Großteil ihres finanziellen Spielraums."

Die Grünen wollten Kindergartenplätze nur um 20 Prozent erhöhen, Hortplätze um 15 Prozent und die Betreuung in Krippen lediglich um zehn Prozent anheben. Auf Stefan Theils (CSU) provokante Frage, wie man das Gegenfinanzieren solle, sagte Miebach, man könne den Gewerbesteuer-Hebesatz heraufsetzen. "Das würde locker die gleichen Einnahmen bringen", sagte die Grüne.

Doch die übrigen Gemeinderäte konnte sie damit nicht überzeugen. "Wir haben in den letzten Jahren extrem viel mitfinanziert", erklärte Theil. "Die Erhöhung wird das Defizit nur abmildern." Beate Full (SPD) pflichtete ihm bei: "Wir müssen uns dafür entscheiden, damit wir handlungsfähig bleiben." Denn die München-Zulage, die Karlsfeld nun zahle, habe die Personalkosten allein im Bereich Kinderbetreuung um mehr als 600 000 Euro ansteigen lassen. Sie sei jedoch nötig gewesen, um Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen in Karlsfeld halten zu können. "Davon profitieren die Eltern", sagte sie. Theil erinnerte daran, dass die Eltern immer auch Qualität forderten - und die sei nur so zu bekommen.

Die Gemeinderäte bemühten sich sehr, den Eltern ihre Zwangslage klar zu machen. Egal welche Partei, Karlsfeld sei schon immer sehr familienfreundlich gewesen, sagte Marco Brandstetter (Bündnis). Die Gemeinde habe schon immer mehr für die Familien getan als andere Kommunen. Das sei auch der Grund, weshalb die Erhöhung der Beiträge jetzt besonders heftig wirke und weshalb in anderen Kommunen weniger gemurrt werde. "Wir haben 17 Kitas eingerichtet für 22 000 Einwohner. Das ist ein horrender Anteil", sagte er. Und jedes Mal wenn es nötig gewesen sei, habe Karlsfeld schnell neue Einrichtungen geschaffen und die Kosten nicht nur auf die Eltern verteilt. Doch jetzt müsse man neu aufteilen. "Wir tun das extrem ungern. Das hat uns einige schlaflose Nächte gekostet", sagte Brandstetter.

"Ich habe selbst drei Kinder und weiß dass die Erhöhung schmerzlich ist, aber wir sind froh und dankbar für die Betreuungsplätze, anders könnten wir Familie und Beruf nicht unter einen Hut bringen", sagte Vizebürgermeister Stefan Handl (CSU). Es sei ein Service, den die Eltern da in Anspruch nähmen. Dafür müsse man eben bezahlen. Ein Krippenplatz koste weit über 1000 Euro im Monat, sagte Heim. 80 Prozent des Defizits sei Personal, Unterhalt und Betrieb, erklärte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). "Die Finanzausstattung der Gemeinden ist nicht mehr ausreichend. Wir bekommen immer mehr Aufgaben, aber wir bekommen keinen Cent für den laufenden Betrieb der Kitas." Dabei sei dies ein großer Posten im Haushalt.

© SZ vom 05.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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