Karlsfeld:Ein Jahrhundert-Bauwerk

Neue Mitte

Blick aus dem Karlsfelder Rathaus auf das fast fertiggestellte Ortszentrum - natürlich mit Maibaum.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach jahrzehntelangen Querelen bekommt die Gemeinde endlich ein Ortszentrum. Ob es auch zu einem lebendigen Treffpunkt wird, muss sich erst noch zeigen

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Fast ein halbes Jahrhundert hat es gedauert, bis Karlsfeld sein Ortszentrum bekommen hat. Immer wieder gab es neue Pläne, neue Anläufe, neue Investoren. Und immer wieder Streit, Klagen und Frust. Selbst manche Gemeinderäte waren schon vom Glauben abgefallen, dass das noch mal was werden würde. Aber jetzt steht es, das Zentrum an der Gartenstraße, 207 Wohnungen, eine Filiale des Drogeriemarkts Müller, ein Aldi und ein Edeka mit 30 000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Die Kritiker sind weitgehend verstummt. Aber echte Begeisterung hat sich auch noch nicht eingestellt. Das kann noch werden. Ganz fertig ist die Neue Mitte ja auch jetzt noch nicht. Die Wohnungen werden erst nach und nach bezogen, viele kleine Bauarbeiten sind noch zu erledigen, kleine Ladenflächen sind noch nicht belegt, und was die Karlsfelder wohl am meisten vermissen: ein gutes Café, denn die Neue Mitte ist gedacht als Treffpunkt der Bürger, als Ort des öffentlichen Lebens, der Begegnung und der Kommunikation.

Was sich Architekten in ihren Büros ausdenken ist freilich das eine, die Praxis das andere. Auf dem zentralen Platz wurden Betonquader als Sitzgelegenheiten aufgestellt. So recht angenommen wurde das bislang nicht. Erstens sitzt es sich dieser Tage nicht sehr kommod auf Stein, zum anderen sind die meisten Karlsfelder klassisches Mobiliar gewohnt. Deswegen gibt es auch immer wieder Fragen, wo denn eigentlich die Sitzbänke abgeblieben seien, etwa bei einer Veranstaltung der Karlsfelder SPD. Die spannende Frage wird nun sein: Werden die Bürger ihr Sitzverhalten anpassen? Liefern die Investoren nach? Oder werden die Leute dann doch nur kurz beisammenstehen und gleich wieder auseinandergehen? Der Sommer 2017 wird es zeigen.

Im Moment beherrschen allerdings Autos die neue Ortsmitte. Teilweise parken sie in zwei Reihen vor den Märkten. Von den neu aufgestellten Parkverbotsschildern lassen sich die Autofahrer nicht irritieren, was m an auch im Rathaus gegenüber mit wachsendem Ärger feststellt. In der Neuen Mitte wiederholt sich, was auch schon vor dem Einkaufszentrum Neue Meile zu beobachten war: Aus Bequemlichkeit stellt einer seinen Wagen auf den Gehweg, und sobald es einer tut, denken alle, so könnten sie es ja auch machen.

Nun soll die kommunale Verkehrsüberwachung das Chaos eindämmen, und auch in den umliegenden Wohngebieten für Ordnung sorgen. Voraussichtlich Anfang 2017 wird Karlsfeld drei Zonen für Anwohnerparken einrichten. Unbegrenzt parken darf dann nur noch, wer einen Anwohnerparkausweis besitzt. Die Krenmoosstraße, die Gartenstraße und der Teil der Rathausstraße bis zum Marktplatz sollen ausgenommen werden. Hier werden die Parkplätze vor allem für Kunden benötigt. Auch hier ist die Regelung ein stumpfes Schwert, solange nicht kontrolliert wird. Karlsfeld wird deshalb die Verkehrsüberwachung ausweiten und die Erziehung über den Geldbeutel vollziehen. Anders gehe es leider nicht, sagt Verkehrsreferent Johann Willibald (CSU).

Eine städtebauliche Einheit wird die zersiedelte Gemeinde Karlsfeld allerdings auch mit der Neuen Mitte nicht. In der Gemeinde, die in manchen Teilen noch einen lockeren Gartenstadt-Charakter hat, bilden sich vielmehr zwei hochverdichtete Bereiche heraus - an unterschiedlichen Enden im Bereich um die Neue Mitte im Nordosten mit etwa 10 000 Einwohnern und dem neuen, rasant wachsenden Ortsteil westlich der Bahn, in dem jetzt schon fast 3000 Menschen leben. Allerdings ist die Entwicklung der Gemeinde damit weitgehend abgeschlossen. Die Gemeinde hat schon mehr als 20 000 Einwohner, bei 24 000 soll Schluss sein. Recht viel mehr gibt der Flächennutzungsplan auch nicht her.

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