Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Drei Kreuze für ein Ortszentrum

Karlsfelds Bürger entscheiden am Sonntag, ob die aktuellen Planungen für die "Neue Mitte" weiterverfolgt werden, oder ob die alten in Kraft bleiben.

Von Petra Schafflik

Anders als die übrigen Landkreisbürger werden die Karlsfelder am kommenden Sonntag nicht nur ihre Stimmen zur Bundestagswahl abgeben. Vielmehr entscheiden die 14 500 Wahlberechtigten auch über die Frage, wie es mit den Planungen für das Ortszentrum "Neue Mitte" weitergeht. Soll der neue Bebauungsplan 83 B für dieses Areal im Kern der Gemeinde weiterverfolgt werden oder der alte (83 A) weiter in Kraft bleiben?

Abgelehnt werden die neuen Planungen von den Bürgerinitiativen "Ortsentwicklung Karlsfeld" und "83 B - So nicht", die das Ziel einer identitätsstiftenden Ortsmitte verfehlt sehen. Für die überarbeiteten Entwürfe hat sich eine Mehrheit der Karlsfelder Gemeinderäte mit SPD und CSU ausgesprochen. Unterstützt werden sie von der Bürgerinitiative "Ja! zur Neuen Mitte", die sich einen Aufschwung für den Ort verspricht. Um den Meinungsstreit zu entscheiden, hat der Gemeinderat auf Anregung von Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) ein Ratsbegehren, die BI s ein Bürgerbegehren initiiert. Jetzt haben die Karlsfelder das Wort.

Die Auseinandersetzung um die "Neue Mitte" beschäftigt die Karlsfelder. Seit Wochen werden auf Veranstaltungen, in sozialen Netzwerken und per Leserbrief die Argumente ausgetauscht. Dabei sind sich Gegner wie Befürworter im Ziel einig: Alle wollen, dass auf der Wögerwiese gegenüber dem Rathaus eine attraktive Ortsmitte entsteht. Kontrovers diskutiert wird aber, ob der neue Bebauungsplan 83 B das leisten kann. Oder ob nicht vielmehr der alte Bebauungsplan 83 A diesem Ideal stärker gerecht wird. Entwickelt hatte das ursprüngliche Konzept der Hamburger Investor HIH, der sich inzwischen aus dem Projekt zurückgezogen und das Areal samt ausgehobener Baugrube an Investoren in München, die HI und die Investa, verkauft hat. Die wiederum haben den neuen Bebauungsplan 83 B erarbeitet, da der alte aus ihrer Sicht überholt und wirtschaftlich nicht umsetzbar ist.

Das neue Konzept setzt auf deutlich mehr Wohnungen, verzichtet ganz auf Büroflächen und reduziert den kleinteiligen Einzelhandel. Anstatt eines zuvor geplanten Angers gegenüber der Rathausstraße soll zurückversetzt ein kleinerer Platz entstehen.

Die in zwei Bürgerinitiativen organisierten Kritiker wollen an den alten Plänen (83 A) festhalten. Sie monieren, der neue Bebauungsplan 83 B setze zu sehr auf Wohnungsbau, gebe die Idee eines lebendigen Zentrums auf zugunsten wirtschaftlicher Interessen der Investoren. Konkret befürchten sie für die umliegenden Wohngebiete ein Verkehrschaos, unzumutbare Belastungen durch Lärm und Abgase. Vor allem fehle das identitätsstiftende Ortszentrum, da der zentrale Platz kleiner wird und ins neue Quartier rückt. Mit ihrer Kritik stehen diese Bürger nicht allein. Im Gemeinderat lehnte das Bündnis für Karlsfeld die Pläne ab. Auch das Landratsamt zweifelt: "Ob sich noch eine identitätsstiftende Ortsmitte verwirklichen lässt, erscheint äußerst fraglich."

Anders sehen das die Befürworter, allen voran Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) mit dem Gemeinderat, wo sich SPD und mehrheitlich auch CSU für den neuen Bebauungsplan ausgesprochen haben. Zu den Unterstützern zählen auch Karlsfelder, die sich kürzlich ebenfalls zu einer Bürgerinitiative zusammengefunden haben. Sie alle erwarten, dass das neue Konzept mit seiner Mischung von Einzelhandel, Dienstleistung und Wohnungen in zentraler Lage einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung der Gemeinde leisten wird. Vor allem würde ihrer Meinung nach ein Ja zum Plan 83 B den Stillstand und das seit mehr als 40 Jahren andauernde Ringen um eine Karlsfelder Ortsmitte beenden. Wie es weitergeht, entscheiden jetzt die Bürger. Mit einem einzigen Kreuz ist es nicht getan: Weil Rats- und Bürgerbegehren parallel zur Abstimmung stehen, muss dreifach angekreuzt werden. Die Fragen lauten: "Sind Sie dafür, dass das aktuell eingeleitete Bebauungsplanverfahren 83 B (...) weitergeführt wird?" und "Sind sie dafür, dass der (...) Bebauungsplan 83 B nicht beschlossen wird?" Für den Fall, dass beide sich widersprechenden Entscheide gleichzeitig durchgehen oder abgelehnt werden, gibt es eine Stichfrage. Erfolgreich ist der Entscheid nur, wenn die Zahl der Ja-Stimmen das Quorum von 20 Prozent der Wahlberechtigten erreicht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1776223
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.09.2013
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.