Karlsfeld:Das Konzept der Neuen Mitte

Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) reagiert auf die massive Kritik aus der Bürgerschaft und lässt Investoren, Planer und Gutachter noch einmal ausführlich das geänderte Projekt des Ortszentrums im Gemeinderat erläutern.

Gregor Schiegl

Karlsfeld: Und das Gras wächst: Seit fast vier Jahren ist bereits Stillstand in der Baugrube für Karlsfelds Neue Mitte.

Und das Gras wächst: Seit fast vier Jahren ist bereits Stillstand in der Baugrube für Karlsfelds Neue Mitte.

(Foto: joergensen.com)

"Einzelmeinungen." - "Das übliche Genörgel." - Das waren die typischen Reaktionen vieler Gemeinderäte nach den ersten massiven Unmutsbekundungen über das überarbeitete Konzept zur Neuen Mitte. Nachdem die Bürgerinitiative (BI) "Ortsentwicklung Karlsfeld" schon offen mit einem Bürgerentscheid gedroht hatte, reagierte man nun im Rathaus: Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU), verschob den ursprünglich geplanten Tagesordnungspunkt am Donnerstag auf eine Sondersitzung am 6. Mai und lud dafür kurzfristig Investoren, Planer und Gutachter in die Sitzung ein, um das Konzept der Neuen Mitte und einige Änderungen zu erklären. SPD-Herausforderer Reinhard Pobel übte scharf Kritik an Kolbe: Das Rathaus habe zu lange nicht auf die Kritik der Bürger. reagiert. Die BI habe teilweise aus Gutachten zitiert, die ihm als Gemeinderat noch gar nicht durch die Verwaltung bekannt gemacht worden seien. "Das war kein gutes Management." Jochen Seyboth von der BI zeigt sich hingegen zufrieden über die mehr als dreistündige Veranstaltung. Immerhin habe es nun "klitzekleine Fortschritte" gegeben. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.

Muss das Areal so dicht bebaut werden?

Die Investoren haben das Grundstück vom vorangegangenen Investor mit dem Baurecht für 29 300 Quadratmeter gekauft. Würde die Gemeinde dies im neuen Bebauungsplan mindern, würde sie auch den Wert des Grundstücks mindern und schadenersatzpflichtig werden. Das will Bürgermeister Kolbe unbedingt vermeiden.

Kann man die Bebauung nicht umdrehen, damit die Einzelhandelsflächen von den Anwohnern abrücken und näher an die Münchner Straße kommen?

Über dem nördlichen Teil des Areals verläuft eine Starkstromleitung der Bahn. Um die Sicherheitsabstände einzuhalten, dürfen die Gebäude in diesem Bereich nicht höher als neun Meter sein, weshalb Planer dort den großflächigen Einzelhandel untergebracht haben. Eine Verlegung der Leitung wäre nach Aussage der Bahn nur "mit ungeheurem Aufwand" möglich und dies würde auch ungeheuren Kosten für den Investor nach sich ziehen.

Kann man nicht auf das achtstöckige Wohnhaus in der Mitte verzichten?

Das achtstöckige Wohnhaus im Zentrum soll 24,50 Meter Wandhöhe haben. Vergleiche der Kritiker mit den sogenannten Schlachtschiffen, weist Planer Johann Spengler vom Büro Steidle entschieden zurück; mit etwa 300 Quadratmetern Grundfläche sei das Gebäude viel filigraner. Er verteidigt das Haus als städtebaulich wichtige Ortsmarke für das Zentrum, die Karlsfeld "Kraft und Identität" verleihe. Jede Etage, auf die der Investor hier verzichtet, wären 300 Quadratmeter Fläche, die er an anderer Stelle des Areals bebauen würde.

Ist der Platz zu klein für die Ortsmitte?

"Angemessen", findet ihn Planer Johann Spengler. Mit 1920 Quadratmeter ist der zentrale Platz ähnlich dimensioniert wie der Pfarrplatz in der Dachauer Altstadt. Durch Abrücken des benachbarten achtstöckigen Hauses ließen sich 200 Quadratmeter hinzugewinnen, doch ergäben sich dann Schwierigkeiten mit den Abstandsflächen, sagt Architekt Dietmar Sandler.

Gibt es genügend Parkplätze?

In der Theorie ja. In Spitzenzeiten rechnen die Gutachter mit 253 Kundenfahrzeugen. Für sie gibt es 220 Stellplätze unterirdisch und mindestens 33 oberirdisch. Strittig ist, ob es genügend Stellplätze für die Bewohner der 220 Wohneinheiten gibt. In Karlsfeld gilt ein Stellplatzschlüssel von 1,5 Stellplätzen pro Wohneinheit. Die Gutachter halten aber 1,1 für ein urbanes Zentrum ausreichend und verweisen auf die Stadt München, die den gleichen Schlüssel habe.

Bricht rings um die Gartenstraße jetzt das große Verkehrschaos aus?

August Janello vom Ingenieurbüro Vössing sagt: "Der Verkehr kann sehr gut abgewickelt werden." Die Sorgen, das Quartier könne vom Schwerverkehr überrollt werden, halten die Planer für unbegründet. Zu den 30 Lkws, die täglich die Neue Mitte anfahren, zählten auch Kurier- und Postfahrzeuge. Für die Warenanlieferungen an die Märkte rechnet der Investor mit allenfalls zehn bis zwölf Lastwagen am Tag.

Was ist mit Lärm und Abgasen?

Es wird lauter und es gibt mehr Abgase. Allerdings halten die Gutachter die Steigerungen für fast vernachlässigbar.

Was hat sich an der Planung geändert?

Ein Haus wurde verkürzt, wodurch sich der Eingangsbereich von dem 4,5 Meter breiten Rad- und Fußgängerstreifen an der Gartenstraße weiter zum Platz öffnet. Flankiert werden soll dies durch einen Arkadengang, indessen Schutz auch ein Straßencafé oder Marktstände Platz finden könnten. Auf dem Areal könnte außerdem auch ein neuer Kindergarten entstehen.

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